Esplanade**, Saarbrücken (UPDATE)

„Charme: dasjenige in anderen, was uns zufriedener mit uns selbst macht.“ (Henri-Frédéric Amiel)

UPDATE (September 2023)

Das ehemalige Schulgebäude im Herzen der Saarbrücker Innenstadt wurde vor einigen Jahren zu einem noblen Boutiquehotel umgebaut, wirkt aber aufgrund seiner Gründerzeitfassade nach wie vor eher bescheiden und unscheinbar. So gewinnt man den Eindruck, dass immer noch etliche Passanten völlig ahnungslos am Esplanade vorbeischlendern ohne zu ahnen, welch herausragende Adresse sich dahinter in Wirklichkeit verbirgt, woran zugegebenermaßen auch die wenig einladende Umgebung ihren Anteil hat. Freilich offenbart sich dem kundigen Gast beim Betreten ein stylisher gestalteter, fast minimalistischer Hort des guten Geschmacks, der angesichts all der ihn umgebenden kulinarischen Tiefflieger mahnend den Zeigefinger zu heben scheint. Aufmerksamkeit im großen Stil oder gar Belehrung war allerdings noch nie die Sache des Silio del Fabro – dabei hätte der Chef angesichts einer stattlichen Erscheinung und überragender Kochkünste allen Grund, sich entsprechend in Szene zu setzen. Man erkennt jedoch in dieser Zurückhaltung sofort die Handschrift seines langjährigen ehemaligen Mentors Klaus Erfort, dem Medienrummel ähnlich zuwider und eher suspekt ist. Ein weiterer Impulsgeber für Signore del Fabro war übrigens Helmut Thieltges, der diese Maxime sogar in noch stärkerem Maße vorlebte.

Ansonsten hat sich der noch recht junge Chef inzwischen recht deutlich von seinem letzten Lehrmeister emanzipiert und seinen eigenen unverwechselbaren Stil geschaffen, der als ungemein charmant und finessenreich beschrieben werden kann. Trotz bisweilen recht bunter Inszenierungen ist der Respekt vor dem Fundament der französischen Küche dabei jederzeit erkennbar, zumal die servierten Gerichte mit etwas weniger Aufwand und Sorgfalt durchaus auch in einer Brasserie serviert werden könnten. Dennoch kann man sich hier praktisch jederzeit sicher sein, mindestens drei oder vier Gerichte pro Menüfolge auf wirklich erstaunlichem Niveau verkosten zu dürfen, die man bislang noch nie in ähnlicher oder identischer Form erleben durfte. Schon in der Vergangenheit überzeugte mich der junge Chef, wenn er etwa Foie gras mutig mit einem Gelée von Apfelcidre kombinierte und Rochenflügel oder Langustine unerwartet mit einer grandiosen Honigtomatennage begleitete. Bei alledem hat die Fokussierung auf das Wesentliche in den letzten Jahren so sehr zugenommen, dass sich trotz aller Heiterkeit und Farbigkeit kein Zierrat mehr auf den Tellern tummelt. Trotz ihrer Komplexität wirken die so diffizilen und ziselierten Geschmacksbilder erstaunlich natürlich und unverkrampft – das ist vielleicht die herausforderndste Disziplin im Stil des Silio del Fabro. Stets bleiben die Kreationen bekömmlich, leicht und fassbar – eine Kunst, die längst nicht jeder Chef so souverän beherrscht. Die Vorfreude bei jedem Besuch erweist sich in meinem Falle als meist noch intensiver wie anderswo, weil trotz relativ kurzer Abstände zwischen meinen Stippvisiten bislang noch jedes Mal ein erneuter kleiner Fortschritt zu verzeichnen war. Würde es auch diesmal wieder so kommen?

Nachdem ich beim letzten Ma(h)l einen Ex-Kollegen und absoluten Neuling an meiner Seite hatte, kehre ich zur Abwechslung mal wieder alleine ein und kann die nächsten Stunden kaum erwarten. Eine kleine Enttäuschung muss ich dabei gleich zu Beginn verkraften, denn Maître Jérôme Pourchère weilt diesmal noch im Urlaub, so dass die Servicebrigade ohne ihn auskommen muss. Das aktuelle Serviceteam besteht dabei etwa zur Hälfte aus mir bereits vertrauten Personen, während andere Mitarbeiter offenbar erst vor kurzer Zeit dazu gestoßen sind. Einem dieser Neulinge kommt offenbar die Aufgabe zu, den abwesenden Maître zu vertreten – zu Beginn merkt man ihm die Nervosität durchaus an, zumal er mich noch nicht kennt und ihn mein Notizbuch sichtlich beunruhigt! Mit der Zeit legt sich die Beklemmung aber, so dass am Ende der Menüfolge die erwartete Souveränität längst wieder die Oberhand gewonnen hat. Vielleicht gab es noch irgendwelche spontanen Instruktionen von langjährigen Mitarbeitern, wie am besten mit diesem „seltsamen“ Gast zu verfahren sei …

Besagter Gourmet bestellt zu Beginn angesichts eines sehr warmen Spätsommertags in Saarbrücken einen Sanbitter Orange und erhält dazu umgehend die ersten Apéros, die wie gewohnt kreativ ersonnen und präzise umgesetzt wurden: unter ihnen befindet sich im Reagenzglas eine trinkbare Emulsion aus grünem Apfel und Zitronenverbene oder eine Linsentartelette, welche mit Lachstatar und Asche aus Pilzen einmal mehr pfiffig variiert wurde. Hinzu gesellen sich noch Fine-de-Clair-Auster mit Gurke in gleich dreierlei Ausführung (Sphäre, Brunoise und Espuma) sowie ein Cornetto mit Gänseleber, Kirschgel und karamellisierter Haselnuss. Alle Petitessen sind verlässlich saisonal interpretiert und handwerklich wie immer ausdrucksstark auf den Punkt gebracht. Es kann losgehen!

Spätestens beim Amuse fängt das Herz an zu galoppieren, denn mit größter Konstanz wird hier verlässlich ein ums andere Mal eine Eingebung präsentiert, die sich abseits aller Konventionen bewegt und dank makelloser Umsetzung die Messlatte bereits zu Beginn in immense Höhen hängt. Der aktuelle Beitrag stellt beileibe keine Ausnahme dar, denn die Küche ist sich nicht zu schade, schon vor dem offiziellen Beginn so hochpreisige und exzeptionelle Produkte wie Schwertfisch als Carpaccio zu inszenieren und dieses dann mit Bonitoflocken, Wasabi und Kohlrabi alles andere als vorsehbar zu begleiten. Das Ergebnis kratzt einmal mehr an einer genuinen Sternstunde: das hauptsächlich von belebender Säure definierte Schälchen bleibt trotz der virtuosen Umsetzung und enormen Vielfalt schwebend leicht und fassbar. Selbst solch durchdachte Details wie die gepufften Reisperlen, die für ein wenig Biss sorgen, fügen sich homogen ein und runden ein gleichermaßen exquisites wie herausragendes Gericht superb ab.

Die abwechslungsreiche Brotauswahl bietet neben Olivenöl und Fleur de Sel gleich dreierlei Butter: klassisch, dann mit Senf und Petersilie verfeinert sowie in einer dritten Auslegung mit Paprika in verschiedenen Intensitäten. Auch bei dieser weitgehend vernachlässigten Disziplin setzt das Esplanade inzwischen Maßstäbe, mit denen andere Lokale nicht mehr mithalten können oder wollen. Dabei zeigt man hier deutlich auf, wie es geht …

Im Hinblick auf den abschließenden Besuch im Victor’s Fine Dining am Tag danach begnüge ich mich diesmal mit sechs Gängen anstelle der üblichen acht, wobei einer davon ohnehin der Käsegang mit einer opulenten Auswahl vom Wagen ist. Dafür werden € 189 berechnet, die angesichts der bisherigen und auch zu erwartenden Darbietungen schon jetzt gut investiert sind.

Letzte Restzweifel bezüglich obiger Aussage räumt die Küche dann endgültig aus, wenn sie die klassische Vichysoisse auf den Teller bringt und dabei auf eine höchst befriedigende Optik setzt. Dass der Geschmack locker mithalten kann, wird schnell offenbar, wenn man die unter der Oxtailgelée versteckte Hauptkomponente verkostet. Es dabei zu belassen wäre einem Silio del Fabro allerdings viel zu einfallslos, weshalb er einen atemberaubenden Reigen darauf platziert, der ein kleines geschmackliches Wunder nach dem anderen parat hat. Seien es Crème double auf Schnittlauchöl, Würfel von Kartoffel und eingelegter Gurke, Räucheraal in Texturen oder der fast beiläufig zu erwähnende Impérial-Kaviar – alle Komponenten sind so wunderbar leichtfüßig und organisch eingebettet, dass die variable Salinität, die der Vichysoisse hervorragend zu Gesicht steht, gehörigen Eindruck macht und aus diesem Klassiker einen launigen Reigen zaubert, den man so schnell nicht vergisst. Nicht zuletzt dank der cremigen Konsistenz, die an der Perfektion kratzt, sowie der variablen Temperierung wähnt man sich schon wieder nach dem Entrée an der Pforte zum kulinarischen Olymp. Ist das herausragend!

Zweierlei von Rinderfilet verrät wenig über den Teller, aber auch hier kann man sich sicher sein, dass Langeweile und Biederkeit Fremdwörter im Vokabular des Silio del Fabro darstellen. Das als Tatar und Carpaccio interpretierte Fleisch wird nicht nur mit Details wie Kapuzinerkresse und Kapern subtil, sondern auch prominenter mit einem Senfeis in traumhafter aromatischer Balance belebend aufgewertet. Selbst weitere kleine Bestandteile wie Blutampfer oder Brotchips tragen etwas bei, doch der eigentliche Clou ist die säuerlich abgeschmeckte Petersilien-Vinaigrette voller Charakter. Obwohl eher ein leises Gericht, strahlt auch dieses edle Größe in zeitgemäßer Umsetzung aus. Ganz ausgezeichnet!

Was eher geheimnisvoll als Cappucino von Kartoffel und Heu annonciert wird, entpuppt sich als kompakte Wucht voller herbstlich-erdiger Aromen – was Mitte September Lust auf die bunte Jahreszeit weckt. Der auf Heu geräucherte Kartoffelschaum bildet die unverkennbare Basis des Gerichts, doch durch die enorme Bandbreite der Begleiter wird daraus ein fabelhafter Einfall, der nur so vor Überraschungen strotzt: nicht genug, dass schwarzer Trüffel und Trüffelschaum für einen wunderbar süffigen, opulenten Charakter sorgen, nein, auch Guanciale (Speck aus Schweinebäckchen), Wachtelei und Waldpilze finden in diesem umwerfenden Gericht noch ohne jede Forciertheit ihren Platz. In Summe entsteht daraus ein nahezu monothematisch erdiges Gericht, das mit enormer Abwechslung in den Texturen und mit heißen Temperaturen jeden Anflug einer Herbstdepression im Keim erstickt. Mein Gott, was für ein überragender Seelenwärmer!

Zum Hauptgericht hat die Küche Médaillon vom Seeteufel vorbereitet: der riesige, aber gemäß meiner Wahrnehmung unter vielen Chefs gar nicht so beliebte Speisefisch erfordert mit seiner vergleichsweise festfleischigen Konsistenz eine äußerst sorgsame Zubereitung – natürlich eine Aufgabe, an der die Küche nicht scheitert! Das vorzügliche Hauptprodukt profitiert ungemein von dem es umgebenden, mediterran anmutenden Arrangement aus Paprikaconfit und Bohnen. Weitere Akzente wie die Ummantelung des Fischs mit Speck oder die Kräuter vom eingangs erwähnten Stadtbauernhof fügen sich nahtlos ein, wenn eine vorzügliche Bouillabaisse mit Schnittlauchöl alles stimmig miteinander verquickt. Diese ist zwar recht dünn, aber angesichts dessen verzückt ihre enorme Tiefe erst recht! Jetzt liefert die Küche also auch in der Disziplin, die bislang ihre vielleicht anfälligste war, ebenfalls überzeugend …

Der häufig zu beobachtende Spannungsabfall nach dem Hauptgericht kann hier unter Garantie ausgeschlossen werden, denn mit der Übergabe des Staffelstabs von Silio del Fabro an Matthias Spurk übernimmt der Meister der süßen Genüsse praktisch nahtlos vom Meister des Herds. Einen viel passenderen Namen als „Perle von der Himbeere“ hätte Matthias Spurk seinem ersten Dessert dabei kaum verleihen können, denn sowohl im optischen als auch im übertragenen Sinn erweist sich dies buchstäblich als die denkbar beste Wortwahl. In der Praxis versteckt sich hinter der Nomenklatur eine hauchdünne, mit Himbeersud übergossene Zuckerhülle mit einer Füllung von kraftvoll fruchtigem Himbeersorbet und einer federleichten Kokossahne. Den Sockel der Perle bildet ein Himbeersponge, der von weißer Schokolade und Vanillepudding umspielt wird. Weitere Details wie der Himbeersud, die Meringue und Waldbeeren der frischesten Sorte machen aus diesem kapriziösen Dessert eine reine Wonne – man kann nur ahnen, wie viele Stunden an Experimenten und geistige Durchdringung für dieses Chef-d’oeuvre notwendig waren. Da jedes Detail hier sitzt, bleibt nur folgendes Fazit: einfach unvergesslich!

Kaum weniger denkwürdig, wenngleich etwas weniger knallig gerät Délice vom Pfirsich. Die begleitende Zitronenverbene tritt sowohl in Form eines Suds als auch eines Sorbets auf und verleiht diesem Ausklang belebende Säure, welche den fruchtigen Charakter des Steinobsts kontrastierend umspielen. Allein das Füllhorn an Einfällen, welche Facetten man daraus ziehen kann, ist angesichts von Cannelono, einer Veredelung mit Crèmant und weiterer kaum zu dechiffrierender Texturen kaum in Worte zu fassen. Als ob das nicht schon genügen würde, reicht man à part in einem Schälchen Eis von Demeter-Buttermilch auf Pfirsichsorbet mit Granatapfelkernen. Trotz einer gewissen Komplexität wirkt all dies auf mich in keinster Weise konstruiert oder gewollt – nein, der natürliche Habitus dieses Geniestreichs ist zusammen mit seiner Bekömmlichkeit das vielleicht hervorstechendste Merkmal. Einfach grandios!
Als Randnotiz sei noch angemerkt, dass diese Desserts à la carte jeweils gerade mal 19 Euro gekostet hätten! Wer sich das angesichts solcher Preise entgehen lässt, dem ist nicht zu helfen!

Nicht, dass Matthias Spurk irgendjemandem noch etwas beweisen müsste – es ist einfach sein Anspruch an sich selbst, bis zum Ende nicht nachzulassen. Ergo wird auch der Verzehr der Petits fours, die sowohl aus Klassikern wie Cannelé, Opéra-Schnitte und Pâtes de fruit aus exotischen Früchten bestehen zu einem genauso sinnlichen Vergnügen wie bei den neueren Einfällen – darunter solche Petitessen wie zweierlei Pralinen (Bergamotte bzw. Himbeer-Joghurt), Matcha-Madeleine oder Erdbeer-Schnitte auf dem hölzernen Spieß (kein Marshmallow!).

Schon das Fazit des vorangegangenen Besuches fiel so überzeugend aus, dass nur ein Wimpernschlag zu meiner zweithöchsten Note fehlte – diese kann ich nun wahrlich guten Gewissens zücken, denn angesichts all der verblüffenden Details, die verlässlich auf einem ungemein sicheren Handwerk basieren, sind manche Gerichte del Fabros inzwischen derart gelungen und unverwechselbar, dass praktisch pro Besuch mindestens ein Teller einen überaus ernsthaften Anwärter für meine Menüfolge des Jahres darstellt. (Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass mir die Entscheidung zwischen dem Rochenflügel vom Januar und dem Cappucino aus der aktuellen Folge extrem schwer fiel, wobei letztlich der Rochenflügel „gewann“.) Erstaunlich bleibt dabei, dass die Meisterschaft der Küche selbst bei zwei so grundverschiedenen Gerichten in vollem Glanz erstrahlt und man den Eindruck gewinnt, dass sich das Team bedenkenlos an unterschiedlichste Produkte sowie Konstellationen wagt und von vornherein vom Gelingen überzeugt ist.

Trotz aller Vielfalt kommen die meisten Einfälle ja nach wie vor mit wenigen Produkten aus: es ist jedoch die meisterhafte Betonung von deren Eigengeschmack, die den Unterschied ausmacht. Gelegentlich spielen auch asiatische Einflüsse hier eine gewisse Rolle, wenn etwa ganz spezielle Gewürze dazu beitragen, den intendierten, spezifischen Geschmack zu erzeugen oder bisweilen japanische Techniken eingesetzt werden, um den Produkten das Höchstmaß an Potential zu entlocken – auch wenn es bei diesem Besuch eher weniger Belege dafür gab. Dabei werden Lebensmittel vom nahen Saarbrücker Stadtbauernhof genauso souverän bearbeitet wie von weiter her angereiste Produkte. All dies wäre jedoch bedeutend ärmer an Ausdruckskraft, wenn nicht eine sorgsam ausgeklügelte Struktur auf dem Teller ein Abdriften in verwaschene Aromenbilder verhindern würde. Die Ankündigung, dass die Küche hier ihr Profil noch weiter schärfen möchte, wirkt in diesem Zusammenhang fast schon beängstigend! Das klingt so, als wäre das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht – wenn dem so ist, dann können wir uns in Zukunft auf etwas gefasst machen!

Außerdem ist ja auch die Pâtisserie erstklassig besetzt, denn einen solchen Meister seines Fachs wie Matthias Spurk würden sich zweifellos viele Chefs an ihrer Seite wünschen. Den zauberhaften und höchst individuellen Kreationen liegt oftmals eine fulminante Idee zugrunde, deren Umsetzung notfalls auch einen immensen Arbeitsaufwand rechtfertigt. Ich entsinne mich sogar noch eines Desserts vom März 2022, bei dem hauchdünne Fäden um ein Schokoladensorbet mit Hilfe einer Bohrmaschine hergestellt wurden! Den extrem aufwendigen süßen Verführungen zu widerstehen fällt sehr schwer, denn ihr bisweilen kleinteiliger Charakter lässt neugierige Gäste oftmals rätseln, wie der Meister das hinbekommen haben mag! Jedenfalls zeugten die zwei jüngsten Darbietungen von einer in Deutschland nahezu beispiellosen Virtuosität, gelebt von einem Ausnahmekönner seines Fachs. Dass ich auf meine Bitte hin sogar beide Galionsfiguren erstmals kennenlerne, sie sich an meinen Tisch gesellen und für ein Foto zur Verfügung stehen, krönt diesen fantastischen Besuch natürlich auf unerwartete Weise!

Das Maß an Beglückung hat hier inzwischen solche Züge angenommen, dass man schon fast nach dem sprichwörtlichen Haar in der Suppe suchen muss, wenn man überhaupt etwas an dieser Küche aussetzen möchte. Ich für meinen Teil könnte allenfalls die leise Bemerkung in den Raum stellen, dass das gezeigte Niveau vielleicht bei einer einzigen Disziplin bis zuletzt noch nicht ganz dieselben Sphären wie an anderer Stelle in der Menüfolge erreichte: es waren praktisch immer die Hauptgerichte, die früher einen über mehrere Monate währenden Eindruck noch nicht zementieren konnten – doch auch an dieser Anforderung wurde offenbar gefeilt, denn der Seeteufel ließ ein anderes Level erkennen. Somit sind die erstmals von mir vergebenen 19 Punkte hochverdient und gefühlt schon in Stein gemeißelt, denn speziell bei den Saucen, Suden und Nages hat die Küche hier inzwischen eine Meisterschaft erlangt, die ihr den Zutritt zu einem ganz kleinen elitären Kreis verschafft. Ach ja: sieht da jemand hinter der Tatsache, dass Silio del Fabro auch für eine kurze Zeit bei Heinz Winkler lernte, etwa einen Zusammenhang?!

Schaut man sich die aktuellen Noten der Standard-Guides an, so gewinne ich den Eindruck, dass dieses Lokal sträflich unterschätzt wird und schon längst noch bessere Noten verdient hätte. Ganz im Ernst: ich gehe soweit zu behaupten, dass diese noble Adresse bei gleichbleibender Entwicklung in ein, zwei Jahren bereits zum engsten Kreis an Anwärtern für einen dritten Stern gezählt werden darf. Es steht jedem frei, sich selbst ein Urteil zu bilden, denn dank eines weiterhin ausgesprochen vorzeigbaren Preis-Leistungs-Verhältnisses und einem attraktiven Mittagsangebot, das zudem wöchentlich wechselt, sollte ein Besuch im Esplanade zumindest alle paar Jahre zum Pflichtprogramm eines ambitionierten Gourmets gehören. Worauf warten Sie noch?!

Mein Gesamturteil: 19 von 20 Punkten

 

Esplanade
Nauwieserstraße 5
66111 Saarbrücken
Tel.: 0681/84499125
www.esplanade-sb.de

Guide Michelin 2023: **
Gault&Millau 2023: 3+ Toques
GUSTO 2024: 9 Pfannen
FEINSCHMECKER 2024: 3,5 F

6-gängiges Menü „Signature“: € 189

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„Essen und Trinken – das steht für Freude am Leben.“ (Helmut Kohl)

UPDATE (Januar 2023)

Eine gewisse Leibesfülle war dem ehemaligen Bundeskanzler sicherlich nicht abzusprechen, doch neben einer ausgeprägten Vorliebe für Pfälzer Saumagen bewies er durchaus Sinn für gehobene Kost: so lud er seine schillernden Staatsgäste bekanntlich öfters zu opulenten Tafelfreuden in den Deidesheimer Hof direkt an der Deutschen Weinstraße. Nun teilen Saarländer und Pfälzer bekanntlich nicht sehr vieles, und doch ist Genussfreude einer der wenigen gemeinsamen Nenner im südwestlichen Winkel von Deutschland. So bieten das Saarland und Rheinland-Pfalz jede Menge besternte Lokale, die aus dieser Region ein wahres Eldorado für Feinschmecker gemacht haben. Einen nicht geringen Anteil daran hat auch das zweifach besternte Esplanade in Saarbrücken, wenngleich es an illustrer Konkurrenz nicht mangelt.

Das einer Brasserie nicht unähnliche Lokal überzeugt schon seit geraumer Zeit mit leicht zugänglichen, aber höchst durchdachten und stets zauberhaften Kreationen, die nicht wenige Gäste aus Nachbarländern wie Frankreich, Luxemburg und Belgien anlocken. Neben der makellosen Qualität sind es sicherlich auch die mehr als anständigen Preise, welche ihren Anteil am ständigen Zustrom an Gästen haben. Meine Begleitung an diesem Tag besucht zum allerersten Mal ein Sternerestaurant in seinem Leben, ließ sich aber relativ schnell von den eben geschilderten Vorzügen des Lokals überzeugen. Die Karte offeriert auch eine Handvoll Gerichte à la carte, doch schnell verständigen wir uns darauf, dass die längere Anreise das volle achtgängige Menü zu € 185 rechtfertigt. So kehre ich also binnen anderthalb Jahren zum bereits vierten Mal hier ein und erwarte natürlich erneut einen gelungenen Nachmittag, da mich Silio del Fabros pfiffige Küche bisher noch jedes Mal begeistern konnte.

Zugegebenermaßen finden sich unter den Apéros ein paar alte Bekannte, doch im Hinblick auf deren lieblichen Charme und die hohe geschmacklichen Dichte freut man sich hier darüber ganz besonders. Neben der fast schon als ikonisch zu bezeichnenden Blutwurstpraline im Strudel mit Apfelgel und Zwiebel tischt man diesmal eine Vichysoisse an Texturen von Räucheraal und Ochsenschwanzgelée auf. Hinzu kommen die immer wieder neu und subtil interpretierte Gillardeau-Auster – diesmal mit Zuckerschote und Ponzu – sowie die mit geröstetem Topinambur ummantelte Foie gras, bedeckt mit einem Tropfen Sanddorngel. Die sorgsam ausgearbeiteten Umami-Happen offenbaren ein reiches Aromenspektrum, das die gewachsene Meisterschaft des Chefs auf vielen Gebieten erahnen lässt.

Das in dieser Region offenbar besonders beliebte gefüllte Ei ist bei Silio del Fabro mit einem Kartoffelespuma gefüllt, das etwas Kalbszunge darunter verbringt und mit weißen Trüffeln hauchzart akzentuiert wird. Die Handschrift des Lehrmeisters Klaus Erfort ist hier gut zu erkennen, doch der süffige Geschmack, das mürbe Fleisch und die treffliche Balance (gerade die Trüffeln sind vorzüglich eingebettet) verdeutlichen, dass diese Petitesse mit einem eigenen Profil aufwartet und in Summe stark gerät – den ungünstigen Lichteinfall im Foto mit der starken Reflexion bitte ich zu entschuldigen.

Schottischer Wildlachs besticht zum Auftakt nicht nur durch animierende Frische, sondern auch durch die Zubereitung auf zweierlei Art: während die gebeizte und kurz geflämmte Variante zur linken Seite mit Bittersalaten und einem Schalotteneis von dezenter Süße ansprechend begleitet wird, findet sich im rechten Schälchen eine mit Ceta-Kaviar und grünem Apfel virtuos abgeschmeckte Bonito-Vinaigrette, die das Tatar des Fischs im Verbund mit einer aromatisch dichten Avocadocrème gekonnt in den Vordergrund rückt. Meine Begleitung ist restlos begeistert, doch auch der Routinier in mir erkennt in der Vielfalt an transparenten und zugleich federleichten Aromen eine würdige Begleitung, die dem Lachs jedoch allen Raum zur Entfaltung lässt. Einmal mehr ein kleines Meisterwerk gleich zum Auftakt!

Ein etwas simpler konzipiertes Gericht folgt im zweiten Gang: gegrillte Jakobsmuschel versteckt sich unter dem Trüffelschaum und wird zudem mit dünn gehobeltem Périgord-Trüffel auf erdige Weise veredelt. Was zunächst wie eine etwas weniger inspirierte Variante eines Klassikers anmuten könnte, wird spätestens durch die Einbeziehung einer völlig ungewöhnlichen Komponente überraschend aufgewertet: die Crème soubise entfaltet ein wunderbares Zwiebelaroma, das gekonnt zwischen Süße und forschem Umami pendelt. So verleiht die Küche einem Klassiker mit einem einfachen und kleinen Kniff eine Wendung von großer Wirkung – auf Überraschungen solcher Art muss man hier stets gefasst sein! Davon abgesehen präsentiert sich das Menü bis hierher im gewohnten Stil: charmant, süffig und leicht fassbar. So unbeschwert kann Hochküche sein!

Eine ungewöhnliche Art und Weise, Garnele zu präsentieren, ersinnt die Küche im nächsten Gang: eine stärkere Hinwendung zu Pasta glaubte ich in jüngster Zeit schon ausgemacht zu haben – und so wird die Garnele nicht nur als Farce eines Netzes aus Kataifi-Fäden interpretiert, sondern auch als Bisque, welche die Maccheroni-Chartreuse darin tarnt. Für den eleganten geschmacklichen Feinschliff sorgt etwas junger Lauch, so dass unterm Strich ein Gang von italienischem Kolorit steht, der allerdings in asiatisch anmutende Aromenwelten eintaucht. Auch wenn Fusion-Gerichte eher selten meinen Geschmack treffen, so muss ich unumwunden einräumen, dass dieser Teller vollauf überzeugt, zumal auch das launige Spiel mit den Texturen großen Spaß beim Verzehr macht. Exzellent!

Ein weiterer großer Wurf gelingt der Küche auch beim bretonischem Rochenflügel: dass Silio del Fabros Küche praktisch immer auf solidem französischem Fundament ruht, beweist er immer wieder mit Saucen und Suden der Extraklasse. Diesmal bildet eine vorzügliche und aromatisch ungeheuer dichte Honigtomatennage die schlotzige Basis für den extrem saftigen Rochenflügel von umwerfender Konsistenz: à point gegart, wird er von geschmolzenem Kalbskopf getoppt und mit frittierten Kapern sowie Kapuzinerkresse umspielt. Eine starke Salinität verleiht diesem Teller sein Gepräge, doch die vollreifen Tomaten und die Honignoten fangen diese mit dezenter Süße geschickt auf. Ein Geniestreich!

Noch von der ersten Stippvisite her bekannt und in bester Erinnerung ist die Crèpinette von der Maispoularde: diese setzt allein schon ein aromatisches Statement von seltener Wucht, doch die fast beiläufig anmutende Aufwertung des Hauptdarstellers mit einer Farce von Gänseleber und Herbsttrompeten tut noch ihr Übriges. Eine derart kraftvolle Tranche des Geflügels kommt mit wenig Begleitung aus, die entsprechend zurückhaltend ausfällt und sich doch sinnvoll integriert. Neben der Salatgarnitur und Pommes Dauphine wird die vollendete Sauce Albufera zur Krönung des Hauptgerichts, das im Vergleich zum ersten Besuch nochmals in puncto Präzision und Balance zulegen konnte.

Der Käsegang mit einer besonders beachtlichen Auswahl an Weichkäsen aller Couleur wird heuer mit einem Element veredelt, das mir in dieser Form auch noch nicht untergekommen ist und doch perfekt passt: es sind die Apfelweinperlen in der Mitte des Tellers, die mit federnd leichter Fruchtigkeit und reizender Süße den Verzehr regelrecht beflügeln. Dieses Detail gelingt so gut, dass ich mir die übrigen vier Perlen auch noch reichen lasse!

Längst zum Signature Dish des Hauses ist das Pré-Dessert avanciert: Crème und Granité von Champagner verstecken sich unter dem Krokant, der mit Yuzugel und Blattgold bedeckt ist. Das schmeckt natürlich ausgezeichnet, aber Ende Januar passt dieser Beitrag doch wesentlich schlechter als an einem heißen Sommertag. Nun ja – Wiedererkennungswerte sind natürlich auch im Hinblick auf Stammgäste nicht zu verachten, so dass das Beharren auf diesem Gang selbst Ende Januar schon nachvollziehbar bleibt.

Seine bemerkenswerten Fähigkeiten kann Pâtissier Matthias Spurk beim echten Dessert allerdings überzeugender präsentieren: die unübersehbare Zuckerkugel in der Mitte des Geschehens ist gefüllt mit Sahne und wird umspielt von Johannisbeere und Pampelmuse in verschiedensten Texturen. Letzteres Produkt kommt als auch Granité in dem separaten Schälchen zum Einsatz, wobei es mit geeisten Raspeln von Buttermilch bedeckt ist. Ein regelrechtes Füllhorn an vielfältigen, aber in sich stimmigen Aromen ergießt sich beim Verzehr über den Gast und führt zu superben Eindrücken. Das Dessert erfordert unverkennbar ein hohes Maß an Meisterschaft und rechtfertigt dieses mit durchdachtem Geschmack von ausgeprägter Fruchtigkeit. Mit Beiträgen wie diesen dürfte das Esplanade auch dem letzten Skeptiker klargemacht haben, weshalb man sich hier einen eigenen Pâtissier leistet.

Bei den Petits fours kommt mir einiges bekannt vor: so freut man sich ein ums andere Mal über den Reigen aus Klassikern – seien es Cannelé, Financier oder Pâte de fruit. Lediglich die Opéra-Schnitte vom letzten Ma(h)l wurde durch eine exzellente, bunte Praline von Tonkabohne und Passionsfrucht ersetzt. Ansonsten fällt das Fazit über den Ausklang aus wie immer: ein würdiger Abschluss auf hohem Niveau, das locker zwei Sterne verdient.

Küchenchef Silio del Fabro hat sich inzwischen fast vollständig von seinem Lehrmeister Klaus Erfort emanzipiert und konnte die ideologischen Fesseln seiner Ausbildung abstreifen. Seine Küche wartet immer noch mit reichlich französischen Elementen auf, doch mutigere Teller haben zahlenmäßig in den letzten Monaten deutlich zugenommen. Mit unvergleichlichen Eingebungen wie der Honigtomatennage zum Rochenflügel oder der Crème soubise zur Jakobsmuschel schafft es der Chef inzwischen immer häufiger, Gerichte zu ersinnen, die sich zumindest in Teilen ins Langzeitgedächtnis einbrennen. Selbst die wenigen etwas komplexer anmutenden Gerichte bleiben leicht zugänglich und überfordern trotz ihres hohen Maßes an Kunstfertigkeit sicherlich keinen Gast. Dass Pâtissier Matthias Spurk die DNA des Hauses inzwischen voll angenommen hat und unverwechselbare Desserts von heiterem Habitus kreiert, unterstreicht für mich, dass alle Mitarbeiter dieses Hauses erkennbar auf den dritten Stern zustreben. Noch käme eine derartige Auszeichnung zu früh, aber in wenigen Jahren könnte das notwendige Maß an Reife und Inspiration so stark ausgeprägt sein, dass der ultimative Ritterschlag bevorsteht.

Der zwanglos und aufmerksam agierende Service unter Jérome Pourchère darf einen nicht geringen Anteil am Erfolg für sich verbuchen, wird doch der Gast charmant, aber diskret umsorgt. Dank der gastfreundlichen Kalkulation kann hier der üppigen Getränkeauswahl bedenkenlos zugesprochen werden, so dass sich auch meine Begleitung entgegen der Gewohnheit mal zwei Gläser Wein gönnt. Einem Neuling der Szene muss die gezeigte Leistung fast zwangsläufig imponieren, doch auch alte Hasen staunen über den rasanten Fortschritt in dem ehemaligen Schulgebäude – sowohl im Service wie auch in der Küche.

Die eher triste Umgebung rund um das Gebäude wird durch die farbenfrohen Teller fast konterkariert, aber die allenthalben anzutreffende Heiterkeit auf den Tellern gibt dem Esplanade fraglos eine echte Trumpfkarte in die Hand, wenn es um aktualisierte Noten in den Guides geht. Mit Recht wurde in den letzten Jahren in mindestens einem Standardguide die Note stets angehoben, und auch ich attestiere dem Lokal, dass zu 19 Punkten nur noch ein Wimpernschlag fehlt. Man darf auf die weitere Entwicklung gespannt sein, denn meinem Gefühl nach hat Silio del Fabro sein Potential noch nicht annähernd ausgereizt. Wer möglicherweise etwas skeptischer als meine Begleitung an die Hochküche herangeht, sollte unbedingt das attraktive Mittagsangebot verkosten – unser letzter Besuch zementierte diesen Eindruck nachdrücklich. Hier kann somit jeder nach seinem Gusto glücklich werden, denn Savoir vivre hat man im Saarland schon immer großgeschrieben. Wenn dann noch ein so kompetentes und großartiges Triumvirat wie Silio del Fabro, Matthias Spurk und Jérome Pourchère an einem Strang zieht, dann darf man zurecht Großes erwarten. Wir haben dies auch getan und wurden nicht enttäuscht!

Mein Gesamturteil: 18 von 20 Punkten

 

Esplanade
Nauwieserstraße 5
66111 Saarbrücken
Tel.: 0681/84499125
www.esplanade-sb.de

Guide Michelin 2022: **
Gault&Millau 2022: 3+ Toques
GUSTO 2023: 9 Pfannen
FEINSCHMECKER 2023: 3,5 F

8-gängiges Menü „Signature“: € 185

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„Der Schlüssel liegt darin, realistische Kundenerwartungen zu setzen und sie dann nicht nur zu erfüllen, sondern zu übertreffen – vorzugsweise auf unerwartete und hilfreiche Weise.“ (Sir Richard Branson)

UPDATE (September 2022)

Dank zahlreicher Besuche im Esplanade in relativ kurzen Abständen ist der geneigte Leser meiner Rezensionen über den Stand der Dinge hier stets ganz gut informiert. Bei unserem jüngsten Besuch gab es allerdings doch eine Premiere, denn aus Zeitgründen hatten wir schon lange im Voraus die Entscheidung getroffen, uns diesmal mit dem (übrigens wöchentlich wechselnden) Mittagsmenü namens Plat du Jour zu € 52 zufrieden geben zu wollen – eine willkommene Gelegenheit, um einmal festzustellen, mit wie vielen Abstrichen man gegebenenfalls Vorlieb nehmen muss, wenn man auf diese Option zurückgreift. Um keine unnötige Panik zu schüren, sei die Antwort schon einmal vorweggenommen: keinerlei Abstriche zu vermelden!

Das konnten wir zu Beginn selbstverständlich noch nicht wissen, doch hofften wir natürlich von vornherein darauf, dass diese so pfiffige Küche, für die Silio del Fabro hier seit gerade einmal fünf Jahren verantwortlich zeichnet, auch in verkürzter Form keinerlei Anlass zur Enttäuschung bieten würde: schlicht zu überragend waren die bisherigen Besuche gewesen. Außerdem ist das Esplanade neben der Wolfshöhle in Freiburg und dem Facil in Berlin fast schon das einzige Lokal dieser Klasse in Deutschland, das nachmittags noch mit zweistelligen Offerten Gäste lockt. Offiziell besteht das Menü zwar nur aus zwei Gängen, aber zusammen mit den Apéros, dem Amuse, der Brotauswahl und den Petits fours kommt eine derart stattliche Parade an Extras hinzu, dass die Rechtfertigung des geforderten Preises vollkommen überflüssig erscheint.

Ein idealer Einsteiger unter den Zweisternern ist das Esplanade schon lange: dank der kulantesten Preise weit und breit auf diesem Niveau, dem vorzüglichen Service unter Jérôme Pourchère und seiner Truppe sowie der ungezwungen-lockeren Atmosphäre kann man hier wahrlich nicht viel falsch machen. Auch in der Küche sind die Schlüsselpositionen mit Chefkoch Silio del Fabro und Pâtissier Matthias Spurk exzellent besetzt – zusammen mit Monsieur Pourchère darf man von diesem Trio wohl noch einiges erwarten.

Zur Abwechslung werden wir erstmalig in den Raum rechts vom Eingang geführt und freuen uns darüber, dass die Sonne ihre wärmenden Strahlen an diesem reizenden Spätsommertag durch die großflächigen Scheiben schickt – dies führt zu ein paar weniger wünschenswerten Schatten auf den späteren Fotos, aber was soll’s! Wir verzichten auf den Apéritif und begnügen uns diesmal mit einer Flasche Wasser, zu der umgehend die wie immer optisch sehr gelungenen Apéros aufgetragen werden. Die vorzüglich mit Holunderblütenessig, Tomate und Minze abgeschmeckte Auster wird flankiert von einem Passionsfruchtmacaron, welches ungewöhnlich mit Tatar vom Seesaibling zusammengehalten wird. Die Linsentarte mit einer Füllung von Kalbstatar und Sauce béarnaise kennen wir noch vom letzten Mal, doch für das längst zum Klassiker avancierte Blutwurströllchen mit Apfelgel und Zwiebelringen gilt dasselbe: beides verzehren wir mit größter Freude, da diese Petitessen immer wieder vorzüglich gelingen und gleichzeitig aufzeigen, wie souverän sich die Küche inzwischen in den unterschiedlichsten Disziplinen bewegt. Das Maß an Esprit und Abwechslung, das diesen farbenfrohen Petitessen zugrunde liegt, setzt dem Reigen seinen Stempel auf, doch auch in aromatischer Hinsicht erweist sich alles als so ausgezeichnet wie immer. Die wohldosierte Intensität und das sensorische Erleben machen aus diesem Reigen wieder einmal einen echten Volltreffer, der kaum einen Vergleich zu scheuen braucht.

Die Brotauswahl mit Olivenöl, Salzbutter und Fleur de Sel punktet nicht nur mit der Qualität der Beigaben, sondern auch mit sicherem Bäckerhandwerk. Bei Bedarf wird das Körbchen selbstverständlich wieder aufgefüllt, doch viel davon brauchen wir trotz nur zweier Gänge nicht.

Das Amuse entpuppt sich nicht nur als optische Augenweide, sondern als ein Genuss ersten Ranges: ein Carpaccio von marinierter Garnele wird umspielt von einer Bonito-Vinaigrette, die enorm facettenreich gerät und mit traumhafter Salinität überzeugt. Das Krustentiereis obenauf zaubert endgültig eine wunderbare Meeresbrise auf den Teller, doch dank der subtilen Texturen von marinierter Wassermelone wird ein gar zu plakatives Abdriften geschickt verhindert. Dieser hinreißende Gang ist nicht nur höchst inspiriert und leicht umgesetzt, sondern verrät auch große Kenntnis über die Vorzüge der eingesetzten Produkte. Einfach grandios!

Ein Rindertatar von überragender Ausdruckskraft wird in der Vorspeise durchaus prominent von Gurke in allerlei Texturen umspielt: eingelegt sowie als Sud und Sorbet steuert das Produkt verblüffende aromatische Finesse bei. So betont die Frische der Gurke den mineralischen Charakter des Fleischs einerseits, doch andererseits lebt das Gericht in nicht geringem Maße von der großen Temperaturspanne und minimaler Süße. Chips von Graubrot und Blutampfer runden den minutiös ausgetüftelten Geschmack des Gangs ab, der erneut keinen Hehl aus dem virtuosen Handwerk macht, ohne dabei je verkrampft oder gewollt zu wirken. Das ist ganz große Kunst, die gleichzeitig kein bisschen belastet. Respekt!

Da unser Besuch im luxemburgischen Mosconi nur kurz zuvor erfolgte, hing die Messlatte beim anstehenden Pastagericht sehr hoch, doch auch diese Hürde nahm die Küche locker. Als einerseits klassisch französisch geprägter Koch, der von Helmut Thieltges und Klaus Erfort maßgeblich geprägt wurde, und dank seiner Vorfahren andererseits italienisch beeinflusster Chef vermengt Silio del Fabro einfach das Beste aus beiden Welten und zaubert mit leichter Hand ein Pastagericht auf den Teller, das dem Mosconi ebenfalls hervorragend zu Gesicht gestanden hätte. Die Spaghettoni (glaube ich jedenfalls …) ruhen auf einer exzellenten Tomatennage und bekommen als exquisite Begleiter Texturen von auf Binchotan gegrilltem Pulpo (superbe Konsistenz und wohldosierte Raucharomen) sowie Fenchel zur Seite gestellt, welche dem Gang einerseits gediegene Opulenz, aber andererseits aromatische Dichte ohne jede Schwere verleihen. Perfekt miteinander verbunden wird all dies durch den Schaum von weißen Tomaten, der trotz seines scheinbar harmlosen Charakters extrem körperbetont gerät und umwerfend gut harmoniert. Das ist in Summe einfach ein prächtiges, opulentes Gericht in luxuriösem Gewande. Superb, einmal mehr!

Wir bedauern, dass diese hervorragende Darbietung sich unweigerlich ihrem Ende nähert, doch die Petits fours haben einen Besuch hier noch jedes Mal würdig abgerundet. So auch diesmal: der überwiegend auf Klassikern basierende, aber zeitgemäß interpretierte Ausklang in Form von Opéra-Schnitte, Vanille-Marshmallow, Cannelé, Financier, Pâte de fruit von Passionsfrucht und Kokos sowie Pralinen von Salzkaramell oder Himbeergeist hält das Niveau bis zum Ende hoch und überzeugt auf ganzer Linie. Was für ein rauschhafter Nachmittag!

Wir brauchen nicht um den heißen Brei herumzureden: selbst mit gerade einmal zwei Gängen und einer stattlichen Entourage drückt Silio del Fabro schon mehr aus als viele andere Köche mit einem ganzen Menü. Die vor Esprit und heiterer Ausgelassenheit nur so strotzende Küche, die dem Stil einer gehobenen Brasserie durchaus nahekommt, aber qualitativ natürlich in einer anderen Liga angesiedelt ist, profitiert ungemein von der schlafwanderlisch sicheren Umsetzung der kreativen Ideen, welche teils ihresgleichen suchen (man erinnere sich nur an das Gänselebergericht mit dem Cidregelée – siehe den Beitrag vom August 2021).

Wenn die Entwicklung weiterhin in derart rasantem Tempo voranschreitet, dann fehlt hier meines Erachtens bald nicht mehr viel für den Kandidatenstatus zum dritten Stern. Zu der besseren Hälfte der deutschen Zweisterner (und damit der erweiterten nationalen Spitze) zähle ich dieses Lokal schon längst, obwohl es sich erst seit 2021 mit zwei Macarons schmücken darf. Dass die Gerichte dabei geschickt kaschieren, welch harte Arbeit eigentlich hinter ihnen steckt und welches Maß an geistiger Durchdringung dafür notwendig ist, macht del Fabros Küche nur noch bemerkenswerter. Optik und Sensorik gehen hier bereits eine derart überzeugende Symbiose ein, dass man gespannt sein darf, ob das ohnehin schon überragende Niveau noch weiter angehoben werden kann. Wenn ja, dann darf man wohl demnächst mit Fug und Recht von kulinarischen Sternstunden ausgehen! Ich könnte mir jedenfalls vorstellen, dass schon beim nächsten Besuch die 19-Punkte-Hürde genommen werden könnte …

Ich komme kaum umhin, es wie folgt auszudrücken: wer sich diese Darbietungen angesichts solcher Preise entgehen lässt, der hat es nicht besser verdient! Monsieur Pourchère verabschiedet uns jedenfalls in prophetischer Weitsicht schon einmal mit den Worten: „Bis nächstes Jahr!“. Worauf er sich verlassen kann!

Mein Gesamturteil: 18 von 20 Punkten

 

Esplanade
Nauwieserstraße 5
66111 Saarbrücken
Tel.: 0681/84499125
www.esplanade-sb.de

Guide Michelin 2022: **
Gault&Millau 2022: 3+ Toques
GUSTO 2022: 8,5 Pfannen
FEINSCHMECKER 2022: 3,5 F

Plat du jour (zweigängiger Mittagstisch plus Beigaben): € 52

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„Ein großer Teil des inneren Fortschrittes liegt schon im Willen zum Fortschritt.“
(Lucius Annaeus Seneca)

UPDATE (März 2022)

Schon beim Premierenbesuch im Esplanade Ende Juli des vergangenen Jahres hatten wir uns fest vorgenommen, dem Spitzenrestaurant mit deutlich französischen Akzenten in nicht allzu ferner Zukunft erneut einen Besuch abzustatten. Dass es gleich so rasch wieder klappen würde, erwies sich natürlich als glückliche Fügung, waren wir doch zu der Erkenntnis gekommen, dass dies der beste neue Zweisterner des Jahres 2021 sein dürfte. Nach dem Abschied vom GästeHaus Klaus Erfort und damit von seinem langjährigen gleichnamigen Chef konnte Silio del Fabro kaum einen Kilometer entfernt in einer ehemaligen Schule ein Genussrefugium aufbauen, dessen sich die Stadt Saarbrücken nur glücklich schätzen kann. Wenn es das Portemonnaie zulässt, kann man außerdem zum nicht ganz geringen Preis im angeschlossenen und wohl nobelsten Designhotel der Landeshauptstadt nächtigen – ein reichhaltiges und gehobenes Frühstück inklusive.

Doch auch mit schlankem Geldbeutel findet man hier noch ungewöhnlich attraktive Angebote: so erzählte uns die Dame am Nebentisch, dass sie praktisch jede Woche hier einkehre und zum attraktiven Vorzugspreis das aktuelle Mittagsmenü, bestehend aus zwei Gängen und jeder Menge Extras, verkosten würde. Angesichts der langen Anreise steht uns danach natürlich nicht der Sinn, doch wir glauben ihr auch so aufs Wort! Jedenfalls sieht man am Ende des Mahls eigentlich nur glückliche Gesichter unter den Gästen, ganz gleich, wohin der Blick auch schweifen mag!

Dass Maître Jérome Pourchère, der ebenfalls schon bei Klaus Erfort lange Zeit diente, den Service leitet, erweist sich als absoluter Glücksfall, doch vom jüngsten Neuzugang ließe sich dasselbe ohne Weiteres behaupten: Matthias Spurk kam von derselben Adresse und wurde auch schon vom G&M zum Pâtissier des Jahres ausgezeichnet. Insofern ist das Esplanade inzwischen auf allen Schlüsselpositionen hervorragend besetzt und somit bereits fest in der Zwei-Sterne-Liga verankert. Das macht absolut Mut für die Zukunft, zumal Chefkoch Silio del Fabro mit äußerlicher Gelassenheit, aber unerbittlichem Drang nach oben strebt. Das erreichte Zwischenziel von zwei Michelin-Sternen sollte jedenfalls Ansporn genug darstellen!

Voller Zuversicht machen wir uns also erneut auf den Weg und fühlen uns binnen kürzester Zeit schon wieder voll angekommen und gänzlich tiefenentspannt. Die legere, französische Atmosphäre, die das Lokal durchweht, macht den Genuss hier zu einer unkomplizierten und höchst charmanten Angelegenheit. Wer nicht einmal hier abschalten und sich ein paar Stunden lang unbeschwertem Genuss hingeben kann, dem wird es auch woanders nicht gelingen! Spätestens mit dem Auftragen der ersten Apéros wird das zuletzt gezeigte Niveau umgehend wieder bestätigt: im Reagenzglas ein Extrakt aus Gurke, Tomate und Basilikum, dann ein ebenfalls vom letzten Besuch noch bekannter Strudel von Blutwurst mit Apfelgel und Zwiebelringen; dann ein Cornetto, gefüllt mit Räucherlachs sowie Rauchbrandade und einem Topping mit Ceta-Kaviar. Den Höhepunkt bildet das Kalbstatar mit Sauce Béarnaise in einer Linsenschale. Trotz der Aromendichte ist dies ein leichter und bekömmlicher Einstieg, der Spaß macht, ohne dabei den Geschmack zu vernachlässigen. Wir sind angekommen! Passend dazu schenkt man den alkoholfreien Sekt „Champagner Bratbirne“ von Jörg Geiger ins Glas.

Mit einer beachtlichen Brotauswahl samt Salzbutter, Fleur de Sel und Olivenöl wird das Programm fortgesetzt …

… welches vor dem offiziellen Auftakt noch mit einem ausgezeichneten Amuse im Ärmel aufwartet: das vollkommen aus der Reihe der Konventionen ausscherende und wirklich verblüffende Schälchen mit Kürbis im Mittelpunkt hat großen Stil. Der Hauptdarsteller wird in marinierter Form sowie als Crème und Schaum facettenreich akzentuiert, während das erfrischende Ziegenquarkeis die Schwere des Gerichts gekonnt reduziert. Sanfter Biss durch die winzigen Reisbällchen sorgt zudem für eine wohlige Mundfülle voller Abwechslung, die mit leichter Hand inszeniert wurde und uns noch etliche Zeit an dieses Amuse denken lässt. Gerade der zwanglose Brasserie-Charakter, der fast die ganze Menüfolge durchzieht, verleiht den Kreationen gehobenen und zugleich charmanten Charakter mit einprägsamer Optik.

Selbstverständlich haben wir das große, achtgängige Menü bestellt, zumal der geforderte Preis von € 155 für dieses Niveau kaum fairer kalkuliert sein könnte. Nicht nur für den Gaumen, sondern eben immer wieder auch fürs Auge hat die Küche etliche Überraschungen parat: so wird im ersten Gang die bretonische Jakobsmuschel in ihrer Schale als hauchzartes Carpaccio präsentiert, welches unter einem höchst aparten Arrangement von Staudensellerie drapiert ist.  Weitere zarte Akzente setzen die Brunoise von Apfel sowie ein feines Öl aus Wildkräutern. Wie die Küche hier leichte Meeresaromatik mit frühlingshafter Frische und Säure paart, lässt jede Menge Esprit erahnen, der auf einer individuellen Idee basiert, welche angesichts subtil eingesetzter Aromen federleicht gerät. Ein ausgezeichneter Auftakt, ohne Frage!

Spötter wären spätestens beim Anblick des zweiten Gangs wohl schon versucht, der Küche ein Kochen für Instagram-Optik vorzuwerfen und das Handwerk nicht für den Gaumen des Gastes zu praktizieren. Weit gefehlt! Wo weniger talentierte Chefs in der Tat immer wieder dieser Versuchung erliegen könnten, erfüllt hier jedes Detail seinen Zweck. Lauwarme Langoustines Royales, die fraglos auch ein Lieblingsprodukt von del Fabros Mentor Klaus Erfort sind, flämmt man hier nur ganz kurz und versteckt sie auch als herzhaftes Tatar unter Tomatenhaut. Das qualitativ höchst hochwertige Krustentier wird durch die erfrischende grüne Note von confierter Gurke weiter aufgewertet, doch erst die himmlische, mit Schnittlauch verfeinerte und unglaublich transparente Tomatennage von weißen Tomaten setzt dieser Eingebung die Krone auf. Die variable Handhabung der Produkte, der leichte Quinoa-Crunch und die perfekte Temperierung runden einen ausgesprochen bekömmlichen Gang vollendet ab, der nichts weniger als absolut exzellent gerät.

Eine schöne Bühne bereitet Silio del Fabro auch der Tranche vom Steinköhler, die mit gleich drei Sorten von leicht geschmolzenem Kaviar (Impérial, Saibling und Ceta) und knackigen Mini-Croutons garniert wird. Allein die geschmackliche Dichte des wunderbar mürben und zugleich saftigen Hauptdarstellers würde schon reichen für ein hohes Maß an Begeisterung, doch wo sich andere Köche damit zufriedengeben würden, bettet man das Fischlein hier auf einer leicht geschäumten Chabliscrème und versteckt darin noch etwas vorsichtig gedämpften Petersilienspinat. Auch dieser Gang findet großen Anklang unter uns dreien.

Bei Queue de cochon (Schweineschwanz) zieht die Intensität dann spürbar an: dieses Gericht mit dem extrem flach und breit gewälzten Hauptprodukt hat schon binnen kurzer Zeit so etwas wie den Status eines Signature Dishs erreicht. Fehlte uns beim Premierenbesuch bisweilen ein wenig der Mut, auch knalligen Aromen den ihnen gebührenden Platz einzuräumen, so betritt die Küche mit dieser kleinen Ikone ein neues Level: herzhaft und kross, doch weder übermäßig fettig noch rustikal. Potenziert wird die Wirkung allerdings von einer kräftigen Chilijus in Begleitung eines mit Honig marinierten Schweinewürfels. Ein großer Tropfen Apfelgel sowie eine markige Hollandaise sorgen für spannende Kontraste, doch das unter dem Queue versteckte Tatar von Aubergine vom Stadtbauernhof bereichert den Gang wohl am stärksten. Bestimmt nichts für Warmduscher, aber ein Statement allemal! In der Beurteilung durch sämtliche Gäste wohl eher etwas kontrovers, aber ich selbst zähle mich fraglos zum Lager der Befürworter, zumal sich mir absolut keinerlei Vergleich aufdrängt, mit dem sich ein solch mutiger Gang rasch bewerten ließe.

Gegrilltes Onglet („Nierenzapfen“) vom Black Angus gerät zum fast puren Fleischgenuss, denn außer etwas Kartoffel und einem Bett aus jungem Lauch haben die begleitende geschmolzene Entenleber und die tiefe Trüffeljus (die nicht ganz mit den bisher allerbesten Darbietungen des Jahres mithalten kann) fast nur diese eine Aufgabe, als Multiplikatoren die Röstaromen des Fleischs zu verstärken. Das gelingt auch ausgezeichnet, denn hier lenkt kaum etwas Störendes vom Wesentlichen ab. Stark!

Eine trotz Corona reichhaltige Käseauswahl erinnert den Gast an den vorherrschend französischen Charakter hier, dem natürlich mit allerlei Gepflogenheiten und klassischen Elementen der Haute Cuisine gehuldigt wird. Diese selbst zusammengestellte Selektion wird mit Apfelchutney und -gelée sowie Früchtebrot und karamellisierten Walnüssen stilvoll aufgewertet und ist das Geld allemal wert. Während anderswo die Käseauswahl bereits drastisch reduziert oder gar ganz gestrichen werden musste, leistet man sich diesen kostspieligen Einschub hier glücklicherweise noch immer. Auf keinen Fall darauf verzichten!

Wiedersehen macht Freude – unter diesem Motto steht das Pré-Dessert aus zweierlei Champagner, Yuzugel und Krokant, welches uns schon bei der Premiere aufgetischt wurde und uns angesichts seiner Qualität gerne abermals vorgesetzt werden darf! Siehe meinen letzten Bericht für Details.

Doch nun ist die Zeit für den großen Auftritt von Matthias Spurk gekommen: seine Variation von der Schokolade (Guanaja 70%) kommt mit kaum mehr als etwas Kumquats und Mandarine aus. Wozu bräuchte man auch mehr, wenn man ein im Grunde eher simpel gestricktes Dessert so hinreißend und kreativ umsetzen kann?! Da wären neben dem altmeisterlichen, aber grandiosen Soufflé (mein Gott, wie ich diesen Klassiker liebe …) die bestens abgeschmeckte Crème und Ganache mit ein paar wenigen Texturen der Zitrusfrüchte. Dieser Einfall kommt ohne Brimborium aus, sondern überzeugt durch und durch mit großer Vielfalt, bestem Handwerk und sehr tiefem Geschmack ohne jede Zuckerlastigkeit. Wer solche Desserts zaubern kann, dem ringt der derzeit grassierende Trend, um jeden Preis eine Gemüsesorte in den Nachtisch einbauen zu müssen, freilich nur ein müdes Gähnen ab. Wie wohltuend, auch mal ohne solche Exzesse auskommen zu können und dennoch höchst ansprechend das Menü ausklingen zu lassen!

Doch Moment: was heißt hier schon „ausklingen lassen“, wenn die Petits fours nochmals ein derart herausragendes Niveau erreichen? Tatsächlich hätte dieser Menüfolge ohne die abschließende Parade mit sechs wundervollen Beiträgen etwas Wichtiges gefehlt: da wären ein Passionsfrucht-Marshmallow, ein Cannelé, Pralinen mit Vanillecrème und etwas Salz, eine Himbeergeist-Praline, ein Financier und nicht zu vergessen ein Pâte de fruit mit exotischen Früchten. Was für ein würdiger Ausklang eines exzellenten Mahls! Und all dies gab es wirklich für gerade einmal schlappe € 155?! Chapeau!

Dass hinter einem Spitzenrestaurant nicht nur ein exzellenter Koch, sondern auch ein engagiertes und fähiges Team stehen muss, bekommt man hier so eindringlich wie kaum anderswo vor Augen geführt. Sämtliche Mitarbeiter wirken bis in die Haarspitzen motiviert und tragen eine fehlerfreie Darbietung vor, die uns erneut sowas von zu überzeugen vermochte – und das noch zu diesen Preisen! Für meine Begriffe sollten weitere Aufwertungen im G&M sowie im GUSTO nur noch eine Frage der Zeit sein.

Die Gründe dafür sind vielfältiger Natur: die hochkompetente Servicebrigade weiß jederzeit, was sie tut, ist straff organisiert und bleibt immer nah am Gast dran. Dessen Wünsche werden einem fast von den Augen abgelesen – beispielhaft mag eine Szene dafür stehen, die sich am Ende zutrug. Unser spezieller Wunsch nach einem Erdbeerbrand aus dem Hause Dirker (aus dem hessischen Mömbris, in der Nähe von Aschaffenburg) wird selbstredend erfüllt, auch wenn dies bedeutet, dass dafür die einzige noch verbliebene Flasche aus dem Keller geholt und geöffnet wird. Außerdem passte dieser fruchtige Ausklang wunderbar zu den generösen Petits fours und rundete somit einen wundervollen Nachmittag würdig ab. Doch auch die übrigen empfohlenen Getränke wurden zügig an den Tisch gebracht und schmiegten sich bestens an die Gerichte an.

Die Darbietungen des bemerkenswerten Pâtissiers Matthias Spurk bewegen sich ebenfalls auf einem Niveau, welches definitiv so manch anderes Sternerestaurant gerne auch anbieten würde. Kreativ und aufwendig, reizend und doch durchdacht, geschmacksintensiv, aber ohne schwer zu sein – was will man mehr?

Und dann ist da natürlich noch der Chef selbst – wer Näheres wissen möchte, sollte sich im Netz auf die Suche nach einer aktuellen Produktion des Saarländischen Rundfunks machen, in welcher insgesamt sechs junge Sterneköche aus der ganzen Republik in jeweils halbstündigen Sendungen portraitiert wurden. Unter ihnen befand sich auch Silio del Fabro, der Einblicke in seine Arbeit, seine Philosophie und auch sein Privatleben gewährte. Die Inszenierungen auf den Tellern sprechen jedoch auch ohne Kenntnis dieser Dokumentation eine deutliche Sprache: aromensatt, ohne falsche Zurückhaltung, aber niemals belastend. Die pfiffigen Gerichte sind optisch ansprechend, aber niemals aus reinem Selbstzweck heraus angerichtet und bleiben lange im Gedächtnis haften – zumal, wenn sie so ausgezeichnet wie die Langoustine geraten. Das deutlich geschärfte Profil des Chefs lässt den Gast nie im Unklaren darüber, was ihn hier erwartet: launige Gerichte auf höchstem Niveau, spannungsgeladen umgesetzt und praktisch nie enttäuschend. Im Grunde genommen wirken die Darbietungen teils so leichtfüßig, dass sie gekonnt verbergen, wie viel harte Arbeit und geistige Durchdringung in Wirklichkeit dahinter steckt. Auch meinem beim letzten Besuch geäußerten Wunsch, hin und wieder etwas mehr Mut bei der Intensität an den Tag zu legen, scheint man hier nach und nach zu entsprechen. Mit der notwendigen Routine scheint auch das Selbstvertrauen zu wachsen, so dass ich mir von dieser Adresse noch einiges in Zukunft verspreche. Jedenfalls zolle ich dem Team rund um Silio del Fabro meine volle Anerkennung für diese hervorragende Leistung und kann bereits jetzt den nächsten Besuch kaum wieder erwarten! Meinen Lesern kann ich auch nur empfehlen, es mir gleichzutun!

Mein Gesamturteil: 18 von 20 Punkten

 

Esplanade
Nauwieserstraße 5
66111 Saarbrücken
Tel.: 0681/84499125
www.esplanade-sb.de

Guide Michelin 2021: **
Gault&Millau 2021: 17 Punkte
GUSTO 2022: 8,5 Pfannen
FEINSCHMECKER 2022: 3,5 F

8-gängiges „Menu Signature“: € 155

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Der beste Ort, um französisch denken zu lernen, ist eine gut ausgestattete Küche.“
(Walter Fürst)

August 2021

Saarland-Expedition, Teil 2: zwischen zwei großen Klassikern des Saarlands (GästeHaus Klaus Erfort und Victor’s Fine Dining) schieben wir ein Restaurant ein, das erst 2018 in Saarbrücken eröffnete, aber schon für reichlich Aufsehen sorgte: das Esplanade, das in einem sehr schönen Gründerzeithaus untergebracht ist und ausgesprochen frankophil daherkommt – was sowohl auf den Küchenstil als auch auf die Servicekräfte zutrifft. Erst 2018 eröffnet, konnte das Lokal bereits zwei Jahre nach der Erlangung des ersten Michelin-Sterns den zweiten Macaron einheimsen. Chefkoch ist Silio del Fabro, der bereits unter Klaus Erfort Souschef war und damit sicherlich nicht die schlechtesten Voraussetzungen für sein Handwerk mit auf den Weg bekommen hat. Seitdem vor kurzer Zeit auch noch Jerôme Pourchère dazustieß, den viele Gäste noch als den ehemaligen Maître des GästeHaus Klaus Erfort kennen dürften, könnte man schon fast von einer Dépendance sprechen. Dennoch wird uns schnell klar, dass dieses Etikett dem Haus nicht wirklich gerecht würde, denn individuelle Stilelemente und ein eigenständiger Küchenstil machen aus dieser noblen Adresse weit mehr als nur einen zweitklassigen Abklatsch.

Dass hier alles eine Spur lockerer als bei Klaus Erfort zugeht, merken wir schon beim Betreten des Lokals. Selbst die höchst enervierende Parkplatzsuche ist angesichts des leichten, fast schon schwebenden Ambientes rasch vergessen: eine großzügige Fensterfront sowie sehr bequeme, in Rot und Grün gehaltene Stühle machen aus diesem Besuch schon vor dem kulinarischen Beginn eine mehr als angenehme Angelegenheit. Lediglich der relativ kleine, quadratische Tisch wirkt im Laufe des Tages manchmal ein wenig beengt, aber sei’s drum. Die Tischdecken wurden zudem etwas ungewöhnlich durch schwarze Platzmatten ersetzt. Außerdem fällt schnell auf, dass alle Mitarbeiter reichlich französischen Esprit versprühen und durch den Nachmittag mit viel Charme geleiten werden – angesichts der geographischen Nähe zur Grande Nation dürfte es hier auch niemanden überraschen, dass der Anteil an französischen Gästen durchaus spürbar ist und alle Mitarbeiter zumindest sehr ordentlich Französisch zu sprechen scheinen.

Eine Speisekarte verdient hier übrigens noch ihren Namen, denn im Gegensatz zur fast schon Standard gewordenen Ein-Menü-Politik bietet man hier mittags wie abends ein großes, achtgängiges Menü unter dem Namen Menu Signature zum ausgesprochen attraktiven Preis von € 149 sowie ein weiteres viergängiges Menü namens Menu Découverte für € 95 an. Hinzu gesellen sich noch mehr als ein Dutzend weiterer Gerichte à la carte, so dass hier ein wahrlich fürstliches Angebot besteht, das die Wahl nicht gerade einfacher macht. Wir entscheiden uns im Sinne eines möglichst aussagekräftigen Urteils letztlich für das große Menü und lassen lediglich den Käsegang weg.

Los geht es mit einer kleinen Überraschung, denn die spritzige alkoholfreie Variante des Champagner-Bratbirne-Sekts von Jörg Geiger ist mir noch nicht bekannt, obwohl ich fast die gesamte Produktpalette dieses Produzenten kenne und schon verkostet habe. Zu diesem optimal passenden Einstieg tischt man unter großem optischem Einsatz die ersten Amuses auf: eine erfrischende Gurkenessenz mit etwas Dill-Öl, einen Tapiokachip mit Thunfischtatar, Gillardeau-Auster mit Minze sowie Holunderblüten verfeinert und schließlich ein Strudel von Blutwurst (die der Service selbstverständlich als „Boudin Noir“ ankündigt) mit Apfelgel und hauchzarten Zwiebelringen darin. Diese erste Leistungsschau verdeutlich schon einmal, dass das Spektrum der Küche recht weitläufig ist – so etwas birgt immer ein gewisses Risiko, doch dieser Einstieg überzeugt uns gerade mit seiner Diversität und Produktqualität vollkommen. Das ist fraglos ein sehr gelungener Einstieg!

Eine solide Brotauswahl mit Fleur de Sel, Butter und Olivenöl leitet dann zum Beginn des Menüs über …

… doch bevor es soweit ist, streut man noch einen weiteren Gruß aus der Küche ein: unter der krossen Scheibe, die mit Blattsalat aromatisiert wurde, verstecken sich Ochsenherztomate und ein Reisbällchen. Mit etwas Burrata und Schaum von grünen Salaten wird dieser originelle und überraschend vielfältige Einstieg zu einem Einfall, aus dem man vielleicht in Zukunft sogar noch etwas mehr machen kann. Doch auch so nimmt man diese launige Petitesse gerne zur Kenntnis.

Spätestens beim ersten Gang ist die optische Zurückhaltung jedoch wieder passé: man kommt kaum umhin festzuhalten, dass diese Inszenierung von Gänseleber die ausgefallenste und kreativste Darbietung seit Ewigkeiten darstellen muss. Von leichten Zweifeln geplagt, ob der Geschmack mit der Optik allerdings mithalten kann, verkoste ich diese Eingebung und stelle schnell fest, dass alle Bedenken völlig umsonst waren. Im Gegenteil: die sehr kühle Mousse ist als Millefeuille aufgeschichtet und mit einem wunderbaren Cidregelée ummantelt. Die Cremigkeit der Mousse wird durch den leicht alkoholischen Gehalt des Cidre kongenial leicht aufgefangen, doch damit nicht genug: die Tropfen Apfelgel, das obenauf thronende Gurkeneis sowie etwas gut versteckter schwarzer Trüffel machen aus diesem Entrée einen herrlich erfrischenden, aber niemals verkopft wirkenden Einstieg, der äußerst durchdacht und vielschichtig gerät. Wenn kein Wunder mehr passiert, dann dürfte dies der gelungenste Gänseleber-Gang des Jahres werden! Was für ein Einstieg: verblüffend gut!

Offener Raviolo von gebeiztem Eigelb mit Speck und Kerbelschaum ist ungleich schlichter gehalten, aber in puncto Gestaltung war der Vorgänger ohnehin kaum zu toppen. Das relativ harmlose Gericht braucht keine große Erläuterung, doch gerade der Speck sorgt für Biss und Aromentiefe in diesem ansonsten cremigen und eher gefälligen Gericht. Dennoch überzeugt das Handwerk auch hier und überfordert niemanden bei diesem eher simpel gestrickten, aber sehr zugänglichen Gericht mit Wohlfühlfaktor.

Nach der vorübergehenden Zurücknahme der Intensität zieht die Dramaturgie nun wieder mit lauwarmer, confierter Forelle etwas an. Obwohl das Gericht mit seiner französischen Ästhetik so fast in einer Brasserie serviert werden könnte, hat der Fisch durchaus aromatische Kraft, die sich aber nicht vordergründig aufdrängt: er wird kongenial mit Nussbutterschaum und etwas Edamame komplementär begleitet. Leichter Biss, süffige Aromatik – ein charmanter Einschub, der gerade wegen seiner Schlichtheit trefflich gelingt.

Ungleich komplexer sieht der nächste Teller aus, doch auch hier beschränkt sich die Küche auf lediglich drei Komponenten: der kurz geflämmte, saftige Steinbutt wird von Champignons in auffallend großer textureller Vielfalt begleitet und gewinnt dadurch noch einiges an Attraktivität. Die Champignons tragen als Crème, Brunoise und in gehobelter Form in unterschiedlicher aromatischer Intensität zu dem eleganten Gang bei, der trotz des straffen Schnittlauch-Suds dennoch etwas mehr Mut hätte vertragen können. Nach diesen drei keineswegs schlechten, aber auffallend zurückhaltenden Gängen habe ich kurzfristig den Eindruck gewonnen, dass die Küche ihren eigenen Fähigkeiten selbst noch nicht so recht zu trauen scheint und lieber etwas vorsichtiger zu Werke geht.

Dennoch bleibt festzuhalten, dass das Hauptgericht diese Kritik bereits einigermaßen relativiert, denn die schön saftige und qualitativ exzellente Maispoularde wird nicht einfach so belassen, sondern zusätzlich mit einer dekadenten Farce von Gänseleber und Trüffel aufgewertet. Die schön fluffige Pomme Dauphine sowie etwas Schwarzwurzelpüree erweisen sich als durchdachte Begleiter, doch die Krönung ist die höchst passende und alles stimmig miteinander verbindende Sauce Albufera – ein viel zu seltener Gast auf Menükarten! Daraus wird ein aromenstrotzender Hauptgang mit langem Nachhall am Gaumen, zumal die Bitterstoffe der diversen Salate eine wohltuende Abwechslung beisteuern. Sehr gelungen!

Ausgesprochen leichtfüßig gerät im Kontrast dazu das (im Menü als eigener Gang annoncierte) Pré-Dessert: unter dem mit etwas Blattgold und Yuzugel aufgewerteten Krokant versteckt sich zweierlei Champagner: als Crème und als Granité darunter. Das ist in Summe eine gut abgeschmeckte, adrette und höchst willkommene, sommerliche Erfrischung mit viel Charme.

Etwas schwerer gerät dann erwartungsgemäß das zweite Dessert: Délice von der Johannisbeere mit Cassisholz, Valrhona und Holunder. Das kleine Bouquet mit unterschiedlichen Texturen der Johannisbeere auf der Ganache von Valrhona-Schokolade findet mit dem Holundereis, dem Holz und der à part aufgegossenen Holunderweinjus durchaus überraschende Begleiter. Was diesem Gang vielleicht noch als ganz, große kreative Idee fehlt, wird durch die Qualität der Produkte und die sorgsame Balance wieder aufgewogen. Unterm Strich ein reizender Ausklang, den ich im oberen Durchschnittsbereich ansiedeln würde.

Die Ausklänge erscheinen im ersten Moment angesichts solcher Klassiker wie Cannelé, Financier, Pâte de fruit (Brombeere) und Schokoladenpralinen (Waldhimbeere und Bergamotte) sattsam bekannt. Zum einen ist da jedoch die gehobene Qualität, die keine Langeweile aufkommen lässt (vor allem das Cannelé war einfach großartig) und zum anderen noch das Schälchen unten am Bildrand: unter der Sahne von Buttermilch versteckt befinden sich in Rum eingelegte Erdbeeren, die für einen tüchtigen und unerwarteten Aromenschub zum Schluss sorgen.

Wir erlebten bei der Premiere hier einen ausgesprochen französisch geprägten Nachmittag mit einer Menüfolge, die von einer seltenen Leichtigkeit durchzogen war. Ausgelassene Heiterkeit in der Gestaltung, ein hohes Maß an Bekömmlichkeit und meistens eine Beschränkung auf wenige Zutaten, die allerdings in großer Variabilität interpretiert werden, sind die offenkundigsten Merkmale des hier praktizierten Küchenstils. Im Vergleich zu den Gerichten im GästeHaus Klaus Erfort sucht man dieselbe aromatische Wucht hier vergebens – und das ist offenbar durchaus so gewollt. Dennoch möchte man Küchenchef Silio del Fabro, der sein Handwerk für unsere Begriffe bereits ausgezeichnet umzusetzen versteht, manchmal animieren, weniger Angst vor der eigenen Courage zu haben. So manches Gericht an diesem Tage hätte nämlich ohne Weiteres etwas mehr Kraft vertragen und wäre immer noch ausgesprochen bekömmlich geraten – gerade der sensationelle Einstieg mit der Gänseleber demonstrierte auf mehr als deutliche Art und Weise, dass man hier absolut keine Scheuklappen anlegen muss. Pfiffige Gerichte mit leichter Hand umgesetzt – diese Disziplin beherrscht die Küche schon hinreissend gut. Wenn jetzt noch die aromensatteren Schwergewichte etwas häufiger und konsequenter in Angriff genommen würden, dann könnte das Esplanade für meine Begriffe von einer ausgezeichneten zu einer ganz hervorragenden Destination werden. Um es dennoch klar zu sagen: das ist Jammern auf sehr hohem Niveau, denn die zwei Michelin-Sterne sind bereits redlich verdient.

Die Erfahrung von Jerôme Pourchère tut diesem Lokal natürlich ebenfalls ausgesprochen gut und wirkt sich unserer Wahrnehmung nach zusätzlich motivierend auf die Servicebrigade aus, die unter seiner Leitung sicher agiert und sich keine Patzer erlaubt. Nimmt man dann noch die absolut faire Bepreisung des Menüs hinzu, die zudem nicht durch übertriebene Nebenkosten abgefedert werden muss, dann steht hier einem genussvollen Besuch praktisch nichts im Wege. Wer ausgiebig dem vergorenen Traubensaft zusprechen möchte, kann auch in dem hauseigenen Boutiquehotel einkehren, welches indes nicht ganz so günstig gerät. So oder so ist dies meiner Auffassung nach der beste unter den drei neuen Zweisternern in diesem Jahr, der bereits ein beachtliches Niveau vorweisen kann und uns schon sehr überzeugen konnte – eine weitere Aufwertung durch andere Guides im kommenden Jahr halte ich daher schon für ziemlich wahrscheinlich. Auch wir kommen nicht umhin, der gesamten Truppe ein großes Kompliment zu machen und hoffen, dass die Arbeit auch weiterhin Spaß machen und zu neuen Höchstleistungen anspornen wird! Eine Stippvisite lohnt sich mit Sicherheit – und weitere Besuche unsererseits sind ebenfalls bereits fest eingeplant!

Mein Gesamturteil: 18 von 20 Punkten

 

Esplanade
Nauwieserstraße 5
66111 Saarbrücken
Tel.: 0681/84499125
www.esplanade-sb.de

Guide Michelin 2021: **
Gault&Millau 2021: 17 Punkte
GUSTO 2021: 8,5 Pfannen
FEINSCHMECKER 2021: 3,5 F

8-gängiges „Menu Signature“: € 149