LUDWIG VAN BEETHOVEN (1770 – 1827):
32 VARIATIONEN C-MOLL WoO 80
6 VARIATIONEN F-DUR OP. 34
EROICA-VARIATIONEN ES-DUR OP. 35
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DIABELLI-VARIATIONEN C-DUR OP. 120
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6 VARIATIONEN D-DUR OP. 76
Bernd Grill, Klavier
Programminfo:
Die Variationszyklen Beethovens stehen schon lange im Schatten der 32 Klaviersonaten. Sieht man von einigen leichtgewichtigen Gelegenheitswerken auf dem Gebiet der Variation ab, denen Beethoven erst gar keine Opuszahl verpasste, sind die vier Zyklen mit Opuszahl sowie die C-Moll-Variationen (denen Beethoven erstaunlicherweise ebenfalls keine Werkzahl zuordnete, obwohl sie qualitativ unter den Werken ohne Opuszahl deutlich herausragen) beachtliche Werke.
Das kürzeste, humorvollste und am schlichtesten gehaltene Werk ist Opus 76, dessen berühmtes Thema auf dem „Türkischen Marsch“ aus „Die Ruinen von Athen“ op. 43 basiert – ein ideales Zugabestück.
Die C-Moll-Variationen sind atmosphärisch dicht und sehr dramatisch gehalten – kein Wunder, wenn 32 Variationen über ein gerade mal achttaktiges Thema in 10 Minuten gepackt werden. Der Ausnahmerang dieses Werkes ohne Opuszahl wird auch durch die lange Liste an namhaften Interpreten belegt: Arrau, Gilels, Kissin und Perahia – um nur einige zu nennen.
Die F-Dur-Variationen op. 34 sind ein ungewöhnliches Werk, da der hohe lyrische Anteil eher an Beethovens Zeitgenossen Carl Maria von Weber erinnert und die Romantik schon vorwegzunehmen scheint. Das charmante und leicht zugängliche Werk entstand zu Beginn der mittleren Schaffensphase Beethovens, als er tradierte Formen allmählich aufzubrechen begann. Dies wird durch das ungewohnt breite Spektrum an verschiedenen Tonarten, die vielen verschiedenen Taktarten sowie der langsamen Coda über das Thema deutlich hörbar. Ein kleines und weithin unterschätztes Meisterwerk!
Die Eroica-Variationen op. 35 wiederum zeigen den Beethoven, dessen Bild auch heute noch so gerne kultiviert wird: titanisch, wuchtig und kompromisslos. In der Tat stellt dieses Werk einen Höhepunkt im Schaffen des Komponisten dar. Das Thema, das kurze Zeit später auch das Thema des 4. Satzes der Eroica-Sinfonie (Nr. 3) werden sollte, wird in allen nur denkbaren Facetten beleuchtet und fordert dem Interpreten alles ab. Nach dem mächtigen Akkord zu Beginn und einer ungewöhnlichen polyphon gehaltenen Einleitung folgen 15 Variationen, ehe eine große Fuge und eine gewaltige Coda das Werk zu einem triumphalen Abschluss bringen.
Wahrscheinlich wären die Eroica-Variationen das größte Werk Beethovens in dieser Disziplin geblieben, wenn nicht 1819 ein eher merkwürdiger Umstand zu einer der größten Schöpfungen der Klaviermusik noch geführt hätte: der Wiener Verleger Anton Diabelli hatte einen Walzer komponiert. Daraufhin wollte er ein Werk drucken lassen, in dem diverse Komponisten Wiens jeweils eine Variation dazu beisteuern sollten. Unter den angeschriebenen Komponisten befand sich auch der inzwischen stocktaube Beethoven, der sich darüber echauffierte, auf eine Ebene mit all den anderen zweitrangigen Komponisten gestellt zu werden. Stattdessen schuf er einen eigenen Zyklus, dessen Ausnahmerang außer Frage steht und dessen kompositorische Qualität allenfalls von Bachs Goldberg-Variationen erreicht wird. Diabellis Zyklus (der ohne Beethovens Beitrag blieb) ist übrigens erhalten, aber praktisch vergessen. Beethovens Zyklus dagegen hat nun zwei Jahrhunderte überdauert und erfreut sich trotz seines hohen Anspruchs ungebrochener Beliebtheit.