Sergej Prokofieff: Die Kriegssonaten-Trilogie

Datum: 27. Januar 2019
Uhrzeit: 0:00 - 0:00
Ort: Musikschule Heidenheim
Musik

Sergej Prokofieff (1891 – 1953):

 

Klaviersonate Nr. 6 op. 82

Klaviersonate Nr. 7 op. 83

 

PAUSE

 

Klaviersonate Nr. 8 op. 84

 

Bernd Grill, Klavier

 

KURZINFO ZUM PROGRAMM:

Die Trias der sogenannten Kriegssonaten markiert den Höhepunkt des Klavierschaffens von Sergej Prokofieff. Das Enfant terrible der russischen Klavierschule wurde bekannt durch seine bewusst anti-romantische Tonsprache, an deren Stelle neuartige Harmonien, aberwitzige Spieltechniken und perkussive Effekte traten. Hintergründige oder ironische Effekte, mit denen nicht selten das politische Establishment satirisch oder anklagend angegriffen wurde, sind immer wiederkehrende Elemente in Prokofieffs Musik.

Die 6. Sonate entstand 1940 (also streng genommen noch vor dem Eintritt der Sowjetunion in den Zweiten Weltkrieg), zählt aber trotzdem zu dieser Trilogie, weil Anklänge an die Ära der stalinistischen Säuberungen durchaus erkennbar sind. Der ätzend-melancholische Tonfall, der in dieser Sonate vorherrscht, versinnbildlicht das alltägliche Chaos zu jener Zeit und ist in seiner bohrenden Direktheit mehr als eindringlich. Lediglich die beiden Mittelsätze scheinen Bilder von besseren Zeiten heraufzubeschwören, ohne dabei aber auf gallige oder desillusionierende Effekte zu verzichten.

Die mittlere der Sonaten, die Siebte, ist die knappste, aber gleichzeitig auch die intensivste der drei Sonaten: die Unruhe, die gleich zu Beginn heraufbeschworen wird, durchzieht weite Teile des Kopfsatzes, der zwischen Trostlosigkeit, abgründiger Angst und Beklemmung schwankt. Der mittlere Satz gipfelt in einem geisterhaften Totengeläut, und das aberwitzige Finale mit seinen irrsinnigen Sprüngen und gehämmerten Passagen gilt vielen als Parodie auf die erbärmliche Rhetorik Stalins. 1942, inmitten der Kriegswirren vollendet, wird sie zum albtraumhaften und abgründigen Kommentar über das sinnlose Morden.

Die 8. Sonate schließlich wurde 1944 vollendet und beginnt im Gegensatz zu ihren Schwesterwerken mit einer langen, elegischen Passage voll bittersüßer Lyrik und rätselhafter Tonsprache. Erst nach und nach türmt sie sich zu einem monströsen und chaotischen Kopfsatz auf, in dem Prokofieff die höchste kompositorische Meisterschaft erreicht. Der kurze mittlere Satz im tänzerischen 3/4-Takt ist keineswegs harmlos, sondern doppelbödig und voll nostalgischer Klänge – allerdings immer mit einem Schuss Sarkasmus garniert. Das tarantella-artige Finale schließlich ist nochmals ein zynischer Kommentar zu dem unverhohlen glorifizierenden Pathos, mit dem die Staatsmacht den Krieg propagandistisch überhöhte. Speziell die tumultuöse Coda entlarvt die Schrecken des Krieges und betont stattdessen das Leid.