Alexander Scriabin gilt als einer der größten Mystiker aller Zeiten und hat mit seinem Landsmann und Zeitgenossen Sergej Rachmaninoff fast gar nichts gemeinsam. In seinen frühen Jahren noch deutlich von Chopins Klangwelten beeinflusst, löste er sich später davon immer mehr und erreichte gegen Ende seines Lebens eine Tonsprache am Rande der Atonalität. Seine Werke waren durchdrungen von spirituellen Ansichten, seine Persönlichkeit so anmaßend geworden, dass selbst ein Richard Wagner im Vergleich dazu wie ein Waisenknabe wirkte und seine Musik so progressiv wie kaum ein anderes Werk, das zur gleichen Zeit entstand.
Die H-Moll-Fantasie bildet zusammen mit der 4. Klaviersonate den Höhepunkt der frühen Phase im Schaffen des Komponisten und erfreut sich gewisser Beliebtheit unter den Pianisten. Das technisch äußerst anspruchsvolle Werk vermengt bombastische Passagen mit pastellfarbenen Einwürfen und meidet dabei doch noch die fortschrittliche Harmonik, die Scriabins spätere Werke auszeichnen sollte. Hier sei ein Geheimtipp empfohlen: der praktisch unbekannte Pianist Stephen Beus legte eine phantastische CD mit Werken von Scriabin (und dem noch kaum erforschten Charles Tomlinson Griffes) vor, auf der die Fantasie einen triumphalen Höhepunkt darstellt. Gerade auch zum Kennenlernen von Scriabins Klangwelten ist diese Scheibe trefflich geeignet, da sie einen Bogen von den frühen Werken bis zur späten Klaviersonate Nr. 6 spannt.
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(Anmerkung: die oben empfohlene CD ist leider nur schwer erhältlich. Die Fantasie ist auch auf der Doppel-CD von Marc-André Hamelin, die bei der Gesamtaufnahme der Sonaten empfohlen wird, enthalten.)