Die Französischen Suiten sind kompakter gehalten als ihre „englischen“ Kollegen, beeindrucken aber durch ihren spärlichen Tonsatz, der doch so viel aussagt. Die scheinbare Schlichtheit so mancher Menuette und die fast schon aphoristische Kürze mancher Sätze hat schon manchen leichtsinnigen Interpreten dazu verführt, diese Suiten auf die leichte Schulter zu nehmen. Den wahren Gehalt dieser Suiten haben nicht viele Interpreten wirklich überzeugend erfasst. Neben András Schiff und Murray Perahia (die bei Bach praktisch immer empfohlen werden können) seien hier jedoch einmal zwei weniger bekannte Alternativen vorgestellt.
Die österreichische Pianistin Ingrid Haebler, die speziell in den 50er- und 60er-Jahren mit bahnbrechenden Mozart- und Schubert-Interpretationen von sich reden machte, wagte einen Ausflug zum Großmeister des Barock und spielte eine hinreißend schöne Version der Suiten ein. Mit sicherem Gespür für die Bedeutung jedes einzelnen Tons und einer äußert sorgsam ausgeloteten Stimmbalance schuf sie eine Aufnahme, die für mich zu den größten aller Zeiten gezählt werden darf – lediglich die Plattenfirmen scheinen das nicht gemerkt zu haben und offerieren derzeit nur eine Aufnahme, die importiert werden muss.
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Die Aufnahme von Andrej Gavrilov überrascht ebenfalls, speziell wenn man seine umstrittene Aufnahme der Goldberg-Variationen kennen sollte. Während letztere durch sinnentstellende und völlig überzogene Tempi eher negativ auffiel, erlegt sich der Pianist hier wesentlich mehr Demut auf und verzichtet auf interpretatorische Mätzchen. Sieht man einmal davon ab, dass er die Sarabanden extrem langsam spielt, ist dies dennoch eine seiner besten Aufnahmen geblieben.
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