GIbt es ein neues Drei-Sterne-Restaurant 2025?

Die neue Ausgabe des Guide Michelin für Deutschland wird im Rahmen einer Gala am Dienstag, den 17. Juni 2025 im Frankfurter Palmengarten vorgestellt. Obwohl der rote Gourmetführer damit wesentlich später als sonst üblich erscheint, ändert dies nichts daran, dass ich das Ereignis zum Anlass nehme, um eine Bestandsaufnahme der aktuellen Zweisterner zu erstellen und ihre Chancen auf einen dritten Stern einzuschätzen.

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PURS (Andernach):
Mit dem Abgang von Yannick Noack nach Koblenz hat die Geschäftsleitung dem Lokal eine neue Grundausrichtung namens „New Nordic Japanese Cuisine“ verordnet, so dass man hier bezüglich Auszeichnungen praktisch wieder ganz von vorne beginnen muss, zumal die zwei Sterne bereits gestrichen worden sind.

August (Augsburg):
Christian Grünwald hält seit 2008 zwei Macarons und zieht unbeirrt sein Ding durch. Das dürfte ihm auch weiterhin höchstwahrscheinlich zwei Sterne einbringen.

Steinheuers Restaurant „Zur Alten Post“ (Bad Neuenahr-Ahrweiler):
Auch wenn Hans Stefan Steinheuer den Kochlöffel inzwischen fast vollständig an seinen Schwiegersohn Christian Binder übergeben hat, kann das Lokal auch mit einer etwas verstärkten Hinwendung zu mehr Gemüse weiterhin die zwei Sterne halten – für die es einmal mehr reichen sollte.

Le Pavillon (Bad Peterstal-Griesbach):
Martin Herrmann praktiziert hier seit Jahren eine hochqualitative und völlig unaufgeregt wirkende Ästhetik, die kaum klassischer sein könnte. Klarheit in der Struktur, beste Produkte und Verzicht auf alles Überflüssige haben seinen Stil seit jeher gekennzeichnet. Es sind somit weiterhin zwei Sterne zu erwarten.

PUR (Berchtesgaden):
Es kommt nicht so oft vor, dass ein Chefkoch jenseits der 60 noch zwei Sterne erlangt, aber meine zwei bisherigen Besuche lieferten genügend Gründe für die Aufwertung im letzten Jahr. Zwei Sterne scheinen mir weiterhin absolut plausibel.

Vendôme (Bergisch Gladbach):
Leider ist mein letzter Besuch für ein frisches Urteil zu lange her, aber als ehemaliger Dreisterner, der über zwanzig Jahre hinweg die Avantgarde in Deutschland wie kein Zweiter prägte, muss man theoretisch immer noch damit rechnen, dass es nochmals für Joachim Wissler reichen könnte, wenngleich er nicht zum engsten Favoritenkreis zählen dürfte.

CODA (Berlin):
Nach dem Hype vor einigen Jahren um die auf Dessert-Techniken beruhenden Gerichte ist es inzwischen um René Franks Restaurant in Neukölln bedeutend ruhiger geworden. Der Reiz des Sensationellen hat sich inzwischen etwas abgenutzt, aber für zwei Sterne sollte es weiterhin reichen.

Facil (Berlin):
Michael Kempf ist eher ein Leisetreter und liefert nach wie vor mit seinen pfiffigen und leichten, aber dennoch substanzstarken Gerichten gute Argumente für einen potentiellen dritten Stern. Zumindest Außenseiterchancen würde ich seinem Lokal am Potsdamer Platz definitiv einräumen wollen. 

Horváth (Berlin):
Sebastian Frank prägt seit mehr als einem Jahrzehnt die Gemüseküche hierzulande mit einer höchst individuellen und teils kontrovers diskutierten Stilistik. Auf seinen Speisekarten tat sich in letzter Zeit allerdings vergleichsweise wenig, weshalb eine Aufwertung gerade zum jetzigen Zeitpunkt sehr überraschend käme, wenngleich sie prinzipiell denkbar erscheint.

Lorenz Adlon Esszimmer (Berlin):
Kaum da, war der neue, offenbar von Heimweh geplagte Küchenchef Reto Brändli auch schon wieder weg. Sein Nachfolger Jonas Zörner, der vom Golvet kam, erlangte schon mal auf Anhieb ganz ausgezeichnete Kritiken. Die zwei Sterne seines Vorgängers sollte er daher wohl halten können.

Tim Raue (Berlin):
Obwohl er schon so viel erreicht hat, entwickelt sich der umtriebige Tim Raue immer noch deutlich weiter – ob nun mit der Eröffnung neuer Restaurants wie jüngst im Berliner Fernsehturm oder mit seinen Menüs, die in Teilen inzwischen recht stark auf die Heimatküche fokussiert sind. Meine jüngsten Eindrücke aus diesem Jahr waren so überzeugend wie noch nie, weshalb er in die Riege meiner Topfavoriten auf einen dritten Stern aufrückt.

L.A.Jordan (Deidesheim):
Mein letzter Besuch im November bestätigte einmal mehr meinen Eindruck, dass Daniel Schimkowitsch dem dritten Stern schon sehr nahe ist, obwohl er erst relativ spät den überfälligen zweiten Stern zugesprochen bekam. Allerbeste Produkte in atemberaubenden Kreationen sprechen da eine deutliche Sprache – mehr als nur Geheimtippstatus!

ÖSCH NOIR (Donaueschingen):
Manuel Ulrich gehört zu der Kategorie an Chefs, die sich ohne großes Aufsehen heimlich, still und leise, aber mit enorm viel Esprit nach oben arbeiten. Nicht wenige Chefs sehen in ihm einen ernstzunehmenden Anwärter – eine Einschätzung, der ich mich durchaus anschließe, wenngleich ein frischer Besuch meinerseits dringend anzuraten wäre.

IKIGAI (Elmau):
Christoph Rainer gehört für mich seit Jahren zu den absoluten Topfavoriten, woran sich auch heuer nichts geändert hat. Wer in drei Restaurants mit drei verschiedenen Stilistiken jeweils zwei Sterne holt, muss schon sehr viel auf dem Kasten haben. Seine stark von japanischen Einflüssen geprägte Küche hat er inzwischen zu solcher Perfektion getrieben, dass atemberaubende Eindrücke hier eher die Regel als die Ausnahme sind.

Gustav (Frankfurt am Main):
Jochim Busch schloss sein Lokal Ende Juli, weshalb das Gustav bereits von der Liste gestrichen wurde. Die Eröffnung eines neuen Lokals in der Mainmetropole ist aber offenbar schon weit fortgeschritten, so dass er uns weiter erhalten bleibt – vielleicht schon bald erneut mit zwei Sternen.

Lafleur (Frankfurt am Main):
Andreas Krolik ist dieses Jahr mein Topfavorit: zum einen, weil etliche Profiguides eine Steigerung seines ohnehin exorbitanten Levels ausgemacht haben und zum anderen, weil seine vegane Menüfolge ein Unikum auf Zwei-Sterne-Niveau in Deutschland darstellt. Den wichtigsten Grund sehe ich allerdings im Austragungsort der Michelin-Gala, nämlich dem Palmengarten in Frankfurt am Main. Als die Stadt Karlsruhe das Event vor drei Jahren ausrichtete, wurde Thorsten Bender ganz nebenbei auf einen zweiten Stern aufgewertet …

Meierei Dirk Luther (Glücksburg):
Dirk Luther hat seinem Hotel an der Förde ein umfassendes Facelifting verpasst und will es offenbar nochmals wissen. Sein erst seit wenigen Wochen wieder geöffnetes Lokal dürfte die zwei Sterne auf jeden Fall behalten, aber vielleicht tun sich mit einer neuen und noch besseren Küche schon nächstes Jahr ungeahnte Möglichkeiten auf?!

100/200 (Hamburg):
Thomas Imbusch kann sich mit dem derzeit wohl individuellsten Konzept der Hansestadt rühmen. Seine offene Küche inmitten des im Industrie-Chic gehaltenen Lokals ist nicht nur ein echter Blickfang, sondern auch ein Ort mit vielfältigen Möglichkeiten. Nicht zuletzt dank eines begeisterungsfähigen Teams scheint hier etwas wirklich Großes und Originelles zu entstehen. Noch kämen drei Sterne zu früh, aber in zwei, drei Jahren kann das ganz anders aussehen.

bianc (Hamburg):
Matteo Ferrantino tanzt mit seiner lebhaften italienischen Art in Hamburg auf jeden Fall aus der Reihe. Seine Küche ist offen für so ziemlich jeden Einfluss aus dem Mittelmeerraum, wobei die Teller in jüngster Zeit fokussierter und weniger überladen als früher wirkten. Offenbar macht der Chef derzeit eine Läuterungsphase durch, die einiges für die Zukunft verspricht. Drei Sterne sind derzeit verfrüht, aber wer weiß, wohin der Weg noch führt …

Haerlin (Hamburg):
Christoph Rüffer gehört seit vielen Jahren zu den ernsthaftesten Anwärtern auf einen dritten Stern, doch 2024 gelang ihm etwas nahezu Unmögliches. Von den zehn Gerichten des vergangenen Jahres, welche die Michelin-Inspektoren zu den allerbesten zählten, stammten gleich zwei (!) vom Meister an der Binnenalster. Eines davon, seine Rotbarbe an Sauce Pastis, habe ich ebenfalls verkosten dürfen – und habe das geradezu magische Gericht umgehend zu meinen besten Tellern aller Zeiten gezählt. Sollte es diesmal also nicht klappen, dann klappt es wohl nie mehr …

Lakeside (Hamburg):
Julian Stowasser ist ein noch junger Küchenchef mit viel Potential, der den zweiten Stern erst vor zwei Jahren erlangen konnte. Sein Lokal ist inzwischen sicher in dieser Liga verankert, aber für einen dritten Stern reicht es nicht.

Jante (Hannover):
Der letzte Besuch liegt schon eine Weile her, aber meiner Wahrnehmung nach scheint Tony Hohlfeld gerade eine Art Findungsphase durchzumachen – mit dem Ergebnis, dass mich damals manches sehr überzeugte, einiges aber auch ratlos zurückließ. Bei den Profiguides gab es kaum Bewegung, weshalb weiterhin zwei Sterne erwartbar sein sollten.

VOTUM (Hannover):
Benjamin Gallein ist ebenfalls noch recht neu in der Zwei-Sterne-Liga, weshalb eine erneute Aufwertung wenig plausibel erscheint. Gleichwohl ist festzuhalten, dass seine substanzstarken Gerichte sich erfreulich oft vom Mainstream entfernen und nicht immer nur dieselben sattsam bekannten Produkte bieten.

sein (Karlsruhe):
Thorsten Bender ist ein weiterer Vertreter, der die Aufwertung erst vor drei Jahren entgegennahm, doch seit damals ist es um das Lokal etwas ruhiger geworden. Der Chef scheint sich nun darauf zu fokussieren, das Niveau zu halten und in kleinen Schritten auszubauen. Ein dritter Stern ist außer Reichweite. 

Ox&Klee (Köln):
Einer der beiden Zweisterner, die ich noch nie besucht habe, doch über den ambitionierten Küchenstil von Daniel Gottschlich liest man viel Positives. Eine Beurteilung aus der Ferne fällt schwer, aber dass hier jemand weiter nach oben strebt, erscheint offenkundig. Zur Zeit wohl bestenfalls mit Außenseiterchancen, aber in drei bis vier Jahren sieht die Lage vielleicht schon wieder ganz anders aus.

Ophelia (Konstanz):
Für mich einer der Topfavoriten, zumal Dirk Hoberg schon lange bei den Zweisternern mitmischt und mit seinem durchdachten Stil Maßstäbe setzt, die weit über den Bodensee hinausreichen. Eine stetige und offensichtliche Verbesserung des ohnehin schon grandiosen Niveaus in den letzten Jahren bringt mich zu der Überzeugung, dass es eventuell schon bald mit einem dritten Stern klappen könnte.  

Opus V (Mannheim):
Dominik Paul scheint das Niveau in den letzten Jahren konstant hochgehalten zu haben, aber für weitere signifikante Steigerungen gab es zuletzt keine Anzeichen. Ein Besuch meinerseits wäre mal wieder dringend notwendig, doch auch so halte ich den dritten Stern für ziemlich unwahrscheinlich.

Alois (München):
Die junge Chefin Rosina Ostler konnte – für einige überraschend – das Niveau ihres Vorgängers Max Natmessnig halten und ist daher mit Gewissheit erst einmal um die Absicherung der erlangten Auszeichnungen bemüht. Von einem dritten Stern redet hier derzeit keiner.

Atelier (München):
Anton Gschwendtner strebt an seiner alten Wirkungsstätte weiter in zarten Schritten nach oben und könnte schon bald ein Anwärter für die höchsten Weihen sein. Derzeit käme die Aufwertung allerdings noch zu früh.

EssZimmer (München):
Mit dem Abgang von Bobby Bräuer in den Ruhestand schloss das Lokal vorübergehend seine Pforten und bekam folgerichtig die zwei Sterne aberkannt. Der ehemalige Souschef Jens Madsen wird Ende Juni das Kommando übernehmen und das Lokal unter dem neuen Namen „The CLOUD by Käfer“ in die Zukunft führen. Man fängt also hier bei Null an, zumal die Eröffnung erst nach der Michelin-Gala stattfindet.

KOMU (München):
Christoph Kunz bekam – für ihn selbst überraschend – im letzten Jahr sogleich die zwei Sterne zurück, die er zuletzt im Alois erkocht hatte. Mit einer veränderten Stilistik und neuen Räumlichkeiten gilt es, die Auszeichnungen erstmal zu bestätigen. Drei Sterne sind daher völlig illusorisch.

Tantris (München):
Benjamin Chmura dürfte einen klaren Auftrag haben, nämlich diese Keimzelle der Haute Cuisine wieder auf das Niveau von drei Sternen zurückzuführen, die es seit den Zeiten unter Heinz Winkler nicht mehr hatte. Er befindet sich jedenfalls auf bestem Wege und sollte schon bald zu den ernsten Anwärtern auf drei Sterne gehören. Die Krönung in diesem Jahr wäre allerdings eine große Überraschung.

Tohru in der Schreiberei (München):
Auch an neuer Wirkungsstätte erreichte Tohru Nakamura rasch wieder das Level vom Werneckhof. Inzwischen bewegt er sich sehr nahe an der Grenze dessen, was für drei Sterne erforderlich ist, weshalb er zum engsten Kreis der Kandidaten gezählt werden muss.

Cœur d’Artichaut (Münster):
Frédéric Morel bekam die zwei Sterne erst vor zwei Jahren überreicht und konnte seit dieser Zeit wohl schon wieder einiges bewegen. Als einer von zwei Zweisternern, die mir noch fehlen, kann ich mir kein genaues Urteil erlauben, aber für einen dritten Stern scheint es zumindest in medialer Hinsicht keinerlei Anzeichen zu geben.

Obendorfer’s Eisvogel (Neunburg vorm Wald):
Auch hier haben wir es mit einem jungen Küchenchef zu tun, der sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruht: Sebastian Obendorfer ist noch jung und bekam jüngst dank einer aufgewerteten Küche ganz neue Möglichkeiten an die Hand. Sein Eisvogel ist bereits sicher in der Zwei-Sterne-Liga verankert, doch mehr ist momentan noch nicht drin. In drei, vier Jahren könnte sich allerdings einiges tun …

Essigbrätlein (Nürnberg):
Es darf trotz einiger Aufwertungen in der jüngsten Zeit bezweifelt werden, ob die sehr spezifische Ästhetik dieses Gemüsetempels den Anforderungen für einen dritten Stern gerecht wird. Andrée Köthe feierte schließlich letztes Jahr seinen 60. Geburtstag, weshalb es schon sehr bald mit mit dem dritten Stern klappen müsste, so er denn angestrebt wird.

etz (Nürnberg):
Felix Schneider hat sein neues Lokal schon vor einiger Zeit bezogen und feilt nun unablässig an einer Verfeinerung seiner Fähigkeiten. Kleine Fortschritte waren jüngst wieder auszumachen, aber drei Sterne sind außer Reichweite.

Söl’ring Hof (Rantum):
Meiner Wahrnehmung nach versucht Jan Philipp Berner derzeit, seine kulinarische Handschrift weiter zu schärfen, was für einen dritten Stern auch unabdingbar ist. Gerade deshalb wirkten die jüngsten Darbietungen etwas unstet, von exzellent bis konfus. Drei Sterne sind daher sehr unwahrscheinlich. Schauen wir mal, wohin das noble Restaurant auf der Rantumer Düne in nächster Zeit so steuert … 

Dichter (Rottach-Egern):
Thomas Kellermann ist ein höchst erfahrener Küchenchef, der mit viel Wissen rund um seine Produkte Teller von größter Klarheit und struktureller Präzision kreiert. Er musste schon unverhältnismäßig lange auf den zweiten Stern warten, weshalb ich drei Sterne nicht komplett ausschließen würde. Zu den Favoriten zähle ich dieses Lokal dennoch nicht. 

AMMOLITE (Rust):
Mein letzter Besuch liegt schon eine Weile zurück, doch in einer Phase von relativ geringer Medienpräsenz scheint Peter Hagen-Wiest die Zeit genutzt zu haben und an seinen Darbietungen weiter gefeilt zu haben. Für ganz oben reicht es gleichwohl noch nicht. Der zweite Stern im Jahre 2015 bedeutete für viele Kenner eine große Überraschung, was auf den dritten erst recht zutreffen würde.

Esplanade (Saarbrücken):
Klaus Erforts ehemaliger Souschef Silio del Fabro erzielte in den vergangenen Jahren etliche Fortschritte mit geradezu atemberaubender Geschwindigkeit. Dank des noblen Boutiquehotels im Hintergrund und Pâtissier Matthias Spurk ist das Lokal zudem bestens aufgestellt, weshalb hier ein ernstzunehmender Anwärter heranzureifen scheint. 

GästeHaus Klaus Erfort (Saarbrücken):
Der ehemalige Dreisterner musste vor einigen Wochen Insolvenz anmelden. Der Betrieb läuft wie gewohnt weiter, aber angesichts der derzeitigen Lage scheint eine Rückkehr ganz nach oben eher illusorisch. Dessen ungeachtet stellt diese feine Adresse auch mit zwei Sternen einen Hort der Klassik dar, den man nicht missen möchte.

Louis (Saarlouis):
Sebastian Sandor übernahm die zwei Sterne seines Vorgängers Martin Stopp und konnte dem Vernehmen nach mit seiner recht gemüselastigen, teils japanisch geprägten Küche die Kritiker offenbar schon gehörig verzücken. Mein nächster Besuch steht kurz nach der Gala an, doch bis dahin sollte das Lokal weiterhin zwei Sterne haben.

Mühle (Schluchsee):
Niclas Nussbaumer verabschiedete sich hier Anfang Mai, woraufhin Fabian Obergfell, Dirk Hobergs langjähriger und überaus talentierter Souschef aus dem Ophelia in Konstanz, übernahm. Ob die knappe Zeit überhaupt für einen Testbesuch reichte, ist unklar. Die zwei Sterne zum Auftakt zu halten wäre auf jeden Fall schon mal ein echter Husarenritt.

Speisemeisterei (Stuttgart):
Stefan Gschwendtner gehört zu den Leisetretern seiner Zunft, konnte aber in jüngster Zeit im einen oder anderen Guide weiter Boden gutmachen und strebt offenbar unaufhörlich nach oben. Drei Sterne sind allerdings noch außer Reichweite.

Hirschen (Sulzburg):
Douce Steiner spielt schon lange in der Zwei-Sterne-Liga mit und sollte die erlangten Auszeichnungen erneut bestätigen können. Für drei Sterne gibt es derzeit keinerlei Anzeichen aus meiner Sicht.

Courtier (Wangels):
Christian Scharrer ist ein vollkommen geerdeter und erfahrener Chef, der mit sicherer Hand rund um Luxusprodukte zeitgemäße Gerichte auf klassischer Basis ersinnt. Er gehört für mich zu den häufig unterschätzten Köchen, weshalb ich ihm eine kleine Chance auf den dritten Macaron einräumen würde. 

AURA (Wirsberg):
Die Eindrücke von meinem Besuch im Vorjahr sind immer noch sehr präsent: während manche Teller mich regelrecht zu begeistern vermochten, wirkten andere auf mich einigermaßen profan oder forciert. Die Integration fränkischer Produkte und das nahezu hemmungslose Experimentieren gehören fast schon zur Räson des Hauses, doch noch wirken die Ergebnisse auf mich zu unstet, um ernsthaft von drei Sternen zu sprechen. 

Le Cerf (Zweiflingen):
Der hagere Chef mit der Schiebermütze gehört für mich ebenfalls zu den meist etwas verkannten Chefs, obwohl seine auf der französischen Klassik fußende Stilistik sicherlich viele Gourmets ansprechen sollte. In Topform ersinnt Boris Rommel jedenfalls Menüfolgen, die atemberaubend geraten können, weshalb ich eine winzige Chance auf drei Sterne sehe.

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An dieser Stelle sei noch einmal daran erinnert, dass die Auszeichnung eines Lokals mit drei Sternen kein alltäglicher Vorgang ist. Weltweit sind derzeit lediglich 153 Lokale mit der anerkannt höchsten Auszeichnung dekoriert, die es in dieser Branche gibt. Da die Verleihung oder Aberkennung eines solchen Prädikats signifikante wirtschaftliche Auswirkungen für ein Restaurant haben kann, wird die Vergabe (bzw. Aberkennung) des dritten Sterns akribisch untersucht: wenn ein Inspektor (so heißen die Kritiker des Guide Michelin) die Verleihung des dritten Sterns für ein Lokal vorschlägt, so muss dieses mindestens ein weiteres Mal von einem anderen Inspektor besucht werden. Außerdem muss eine einberufene Konferenz aller Inspektoren mehrheitlich für die Verleihung des dritten Sterns plädieren, damit dieser vergeben werden kann. Wie man sieht, ist diese Auszeichnung sehr bedeutsam und folglich alles andere als leicht zu erlangen. Kein Wunder, dass jedes Jahr ein ziemlicher Hype um die neuen Auszeichnungen gemacht wird. Derzeit gibt es zehn Drei-Sterne-Restaurants in Deutschland:

  • Schwarzwaldstube, Baiersbronn-Tonbach (seit 1993)
  • Sonnora, Dreis (seit 1999)
  • Victor’s Fine Dining, Perl-Nennig (seit 2006)
  • Bareiss, Baiersbronn-Mitteltal (seit 2008)
  • Aqua, Wolfsburg (seit 2009)
  • The Table, Hamburg (seit 2016)
  • Rutz, Berlin (seit 2020)
  • schanz, Piesport (seit 2022)
  • JAN, München (seit 2023)
  • es:senz, Grassau (seit 2024)

Unter den derzeitigen Dreisternern sehe ich aktuell keinen Kandidaten, der eine Abwertung befürchten muss.

Hier jedenfalls meine Top Ten für die Erlangung eines neuen dritten Sterns, falls er überhaupt vergeben wird:

  1. Lafleur, Frankfurt am Main
  2. Haerlin, Hamburg
  3. Tim Raue, Berlin
  4. IKIGAI, Elmau
  5. Tohru in der Schreiberei, München
  6. Tantris, München
  7. Ophelia, Konstanz
  8. L.A. Jordan, Deidesheim
  9. Esplanade, Saarbrücken
  10. Vendôme, Bergisch Gladbach

Unter den Kandidaten für eine Aufwertung auf zwei Sterne sind dies meine Favoriten:

  1. Gut Lärchenhof, Pulheim
  2. Stadtpfeiffer, Leipzig
  3. Klassenzimmer, Feldberger Seenlandschaft
  4. Zur Wolfshöhle, Freiburg
  5. Werneckhof, München
  6. Roter Hahn, Regensburg
  7. Orangerie, Timmendorfer Strand
  8. Nagaya, Düsseldorf
  9. Hilmar, Aerzen
  10. Intense, Wachenheim
  11. Der Butt, Warnemünde
  12. La Société, Köln
  13. Friedrich Franz, Heiligendamm
  14. Brothers, München
  15. Tantris DNA, München
  16. Golvet, Berlin
  17. Seven Swans, Frankfurt am Main
  18. Das Grace, Flensburg
  19. Tulus Lotrek, Berlin
  20. Seestern, Ulm

Nach der Veröffentlichung des neuen Guide Michelin erfolgt hier wie immer ein Update.