Debussys kleine sechssätzige Suite über Kinderszenen ist – ähnlich wie Schumanns Kinderszenen – eher weniger für Kinder als Interpreten selbst gedacht (dafür ist die Mehrzahl der Stücke zu schwierig), sondern für Erwachsene, die gerne einen Blick in die Vergangenheit werfen. Ihren Reiz bezieht die Sammlung aus den unterschiedlichen Stilen, die Debussy in ihr vermengt: von dem teils etüdenartigen Doktor Gradus ad Parnassum über das leicht derbe Wiegenlied Jimbo’s Lullaby bis hin zum jazz-inspirierten Golliwog’s Cakewalk.
Es gibt von praktisch allen bedeutenden Debussy-Interpreten mehr oder weniger gute Aufnahmen dieses Werkes (Michelangeli, Gieseking, Freire usw.), aber hier sei eine Aufnahme empfohlen, deren Spontaneität beeindruckt. Trotz nicht ganz fehlerfreien Spiels ist die Spielfreude, gepaart mit selbst auferlegter Diszipilin des Interpreten, das bemerkenswerteste Merkmal der Aufnahme von Samson François (1924 – 1970). Dieser viel zu früh an einem Herzinfarkt gestorbene Pianist ist heutzutage leider fast vergessen, obwohl er damals alle nur denkbaren Voraussetzungen für eine Karriere mitbrachte: Lebemann, gutes Aussehen und jede Menge Aura. Seine Interpretationen boten häufig Gesprächsstoff, waren sie doch meist ungewöhnlich und oftmals frei von jeder stilistischen Konvention. Bei Children’s Corner ist François jedenfalls ganz zuhause: sein Spiel hat Eleganz und den Panache, den dieses häufig harmlos wirkende und unterschätzte Werk benötigt.
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