Anmerkung: das Restaurant hat inzwischen nur noch für buchbare Events und priavte Feierlichkeiten geöffnet.
UPDATE (März 2018)
Nach 25 Jahren läutet das Restaurant Lamm die Zukunft ein: ab dem 6. Mai 2018 wird es keinen regulären A-la-carte-Betrieb mehr geben. Anstelle dessen treten nun öffentlich angekündigte Veranstaltungen und Buchungen für private Feiern in den Vordergrund. Hintergrund dieser Maßnahme sind veränderte Anforderungen an die Gastronomie, eine noch stärkere Fokussierung auf die Stärken des Hauses (die Marke Jörg Geiger mit den alkoholfreien Priseccos, Spirituosen und vielen weiteren Erzeugnissen expandiert weiter in raschem Tempo) und Berücksichtigung der praktischen Probleme, mit denen die Branche zu kämpfen hat (Arbeitszeiten und Fachkräftemangel beispielsweise).
Der Schritt mag gewagt wirken, wird aber auf der hauseigenen Homepage ausführlich erläutert und begründet. In längeren Gesprächen mit dem Personal (Koch, Besitzer, Kellner) konnte ich mich bei meinem letzten Besuch jedenfalls davon überzeugen, dass diese Maßnahme alles andere als spontan, oberflächlich oder wenig durchdacht daherkommt. Patron Jörg Geiger ist schon viel zu lange in der Branche tätig, als dass er eine unüberlegte oder dem Zeitgeist widerstrebende Entscheidung treffen würde. Mag schon sein, dass das neue Konzept möglicherweise ein paar Gäste kosten wird – und im Gegenzug dafür wieder ein paar neue gewinnt. An Buchungen mangele es dem Gasthof jedenfalls nicht, und so darf man weiterhin von gehobenen Genusserlebnissen ausgehen, auch wenn diese nun in speziell annoncierten Programmen erfahrbar sind. Auf jeden Fall wünsche ich diesem Plan viel Erfolg!
Kurzentschlossenen bietet sich noch bis Anfang Mai die Gelegenheit, das Lamm letztmalig in seiner alten Form kennenzulernen.
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UPDATE (Dezember 2017):
Auch mein jüngster Besuch verdeutlichte wieder einmal, dass diese kulinarische Institution am Fuße der schwäbischen Alb eine absolute Wohlfühladresse ist und sich wirklich mausert. Der Gault&Millau 2018 hob jüngst seine Bewertung erneut um eine Stufe auf nun 15 Punkte an und honoriert damit nicht zuletzt die üppige alkoholfreie Auswahl an Getränken rund um das hauseigene Sortiment an Priseccos und Fruchtsäften, das sich längst in ganz Deutschland einen Namen gemacht hat. Doch auch in kulinarischer Hinsicht können herrlich süffige Gerichte wie jüngst die Rehbolognese mit hausgemachten Nudeln, Bärlauchpesto und Trüffelkäse absolut überzeugen.
Chefin Michaela Geiger äußerte sich mir gegenüber, dass sie selbst über die erneute Anhebung der Bewertung am meisten überrascht war, doch von ungefähr kommt dieses Urteil nicht. Wenn die jüngste Entwicklung sich so fortsetzt, dann wird dieser Landgasthof vielleicht sogar demnächst den Filstal-Primus-Rang des „Staufeneck“ in Salach, das zum zweiten Mal in Folge abgewertet wurde und nun ebenfalls bei 15 Punkten steht, in Frage stellen können.
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März 2017
Der Gasthof Lamm in Schlat liegt im Kreis Göppingen leicht abseits der B10 zu Füßen der Schwäbischen Alb. Dieser Landgasthof darf mit Fug und Recht als die Nummer Zwei im Kreis Göppingen nach Burg Staufeneck gelten. Ein Michelin-Stern hat das Lokal zwar nicht, aber viel fehlt jedenfalls nicht – und die konstant 14 Punkte im Gault&Millau in den letzten Jahren stellen ja auch schon eine beachtliche Visitenkarte dar.
Patron Jörg Geiger hing im Jahre 2003 den Kochlöffel an den Nagel und konzentrierte sich fortan auf seine Manufaktur, deren Produkte in Spitzenrestaurants quer durch die Republik inzwischen keine Seltenheit mehr sind. Nicht wenige Gäste finden schließlich den Weg in dieses Lokal wegen genau dieser Erzeugnisse aus der Manufaktur, deren Spektrum von alkoholfreien Cuvées auf Obstbasis über alkoholhaltigen Sekt bis hin zu Obstbränden und anderen Spirituosen reicht. Längst hat sich Jörg Geiger eine Reputation als Erzeuger hochwertiger individueller Produkte aufgebaut, die weit über die Region hinaus bekannt ist.
Die Küche im stilvoll modernisierten Gasthaus hat sowohl für konservativere als auch für progressivere Gemüter etwas zu bieten. Im Wesentlichen sind die Gerichte auf der ziemlich umfangreichen Karte nach Tradition und Innovation sortiert. Wir entschieden uns an diesem Abend für das viergängige Regional-Menü, das mit nicht einmal 50 Euro zu Buche schlägt. Offensichtlich ist man auch hier willens, dem derzeit allgegenwärtigen Trend zu folgen, auf unverwechselbare regionale Produkte zu setzen.
Als Einstimmung reicht man zu einem Glas Prisecco einen Johannisbeer-Confit mit Schaum auf der Basis von Rote Bete obenauf – ein gelungener Einstieg, der allerdings nicht süßer hätte ausfallen dürfen. Das Menü selbst wird mit einem Salat eingeleitet, der von einem Netz aus Kartoffeln getoppt wird. Der Salat selbst ist überwiegend grün gehalten, wird aber mit karamellisierten Nüssen aufgewertet. Das Gericht ist nicht gerade ein Höhenflug an Kreativität, aber handwerklich solide.
Es folgt eine Rote-Bete-Schaumsuppe mit Pistazienklößchen. Die knallige Farbe der Suppe ist an sich schon auffällig, während der intensive Geschmack durch die hocharomatischen Klößchen noch eine etwas nussigere Note bekommt – bei der keineswegs sparsamen Größe dieser Portion wäre das Gericht sonst auch ziemlich schnell eindimensional geworden.
Geschmorte Schweinebäckle in Obstweinsoße mit Kartoffelstampf und Rosenkohl ist wieder ein weitaus traditioneller anmutendes Gericht. Die schiere Größe der Portion erschlägt einen fast, ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Gericht überaus gut gelungen ist, wenn auch die Überraschungsmomente gänzlich ausbleiben und das Ganze insgesamt sehr plakativ wirkt.
Mit der Nocke vom Karotten-Mandarinen-Sorbet und Frischkäsecreme lehnt sich Küchenchef Marius Schlatter dagegen nochmals recht weit aus dem Fenster – jedenfalls im Kontext mit der Umgebung und den bisherigen Speisen. Die nicht auf der Karte annoncierte Soße auf Basis von Petersilie verleiht dem Gericht spürbare Frische und Individualität, während kleine Crumbles für den notwendigen Biss sorgen – sehr apart auch die Petits fours auf Basis von Bruchschokolade.
Sommelière und Chefin Michaela Geiger – die Ehefrau von Jörg Geiger – leitet eine quirlige und aufmerksame Servicetruppe, deren Attitüde gut zu einem Landgasthof passt. Insgesamt gab es somit an diesem Abend nicht wirklich etwas zu bemängeln, wenngleich diese Adresse für hochambitionierte Gourmets dennoch entbehrlich bleibt, da die Küchenleistung im Hinblick auf das gesamte Bundesgebiet zwar sehr solide daherkommt, aber insgesamt zu austauschbar und zu wenig individuell erscheint. Mit anderen Worten: anspruchsvolle Gäste aus der Region kommen hier durchaus auf ihre Kosten, während diejenigen, die stets auf der Suche nach spannenden und neuen Erlebnissen sind, hier nicht unbedingt vorbeischauen müssen. Die Erzeugnisse der Manufaktur hingegen stellen auch Käufer mit sehr hohen Ansprüchen zufrieden.
Ob das Lokal irgendwann noch einen Michelin-Stern erlangt, ist genauso schwer zu sagen wie ob er von dem Haus überhaupt angestrebt wird. Andere Landgasthöfe wie das Landhaus Feckl in Ehningen oder der (derzeit leider geschlossene) Landgasthof am Königsweg in Ohmden bieten meines Erachtens nicht signifikant bessere Qualität und haben trotzdem einen Macaron erringen können. Man darf also gespannt sein, ob die Küche ihre Leistung noch weiter nach oben schrauben kann und möchte.