Gibt es ein neues Drei-Sterne-Restaurant 2018?

Heuer erscheint der Guide Michelin für 2018 Mitte November. Spannend wie selten dürfte diesmal die Frage werden, welche Restaurants sich mit der Höchstnote von drei Sternen schmücken dürfen. Dies liegt vor allem daran, dass an zwei etablierten Häusern neue Chefs das Sagen haben: die Schwarzwaldstube in Baiersbronn-Tonbach wird nun von Torsten Michel geleitet, der die Nachfolge von Kochlegende Harald Wohlfahrt antrat. Im Waldhotel Sonnora in Wittlich-Dreis (Eifel) steht nun Clemens Rambichler am Herd. Der ehemalige Sous-Chef des Hauses übernahm die Leitung des Restaurants nach dem überraschenden und vorzeitigen Ableben des allseits geschätzten Helmut Thieltges. Beiden Häusern wäre die Bestätigung des dritten Sterns zu wünschen. Ansonsten spricht momentan bei den anderen Trägern der höchsten Weihen wenig dafür, dass eine Abwertung drohen könnte.

 

Hier wie gewohnt ein kurzer Überblick über die potentiellen Erfolgsaussichten der Zwei-Sterne-Restaurants im Guide 2017:

 

Residenz Heinz Winkler (Aschau): seit der Aberkennung des dritten Sterns 2009 spricht nichts dafür, dass es mit dem dritten Stern wieder reichen könnte. Trotz aller Qualität ist ein gewisser kulinarischer Stillstand in diesem Haus seit einiger Zeit zu beobachten. Es dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei zwei Sternen bleiben.

August (Augsburg): bei meinem jüngsten Besuch konnte ich bei Christian Grünwald abermals eine Steigerung feststellen, aber trotz allem wären drei Sterne eine Riesen-Überraschung.

Steinheuers Restaurant zur alten Post (Bad Neuenahr-Ahrweiler): ein großartiges Restaurant mit einem bescheiden gebliebenen Koch, dem der dritte Stern zu wünschen wäre. Die Erfahrung lehrt allerdings, dass es Köchen über 50 nur äußerst selten gelingt, dies noch zu schaffen.

Le Pavillon (Bad Peterstal-Griesbach): dieses Restaurant fehlt mir nach wie vor. Ein sicheres Urteil ist so kaum möglich, aber da es wenig Anzeichen für Veränderung gibt, dürfte es bei zwei Sternen bleiben.

Brenners Park-Restaurant (Baden-Baden): eine Prognose für die Beurteilung dieses Lokals fällt sehr schwer, da es nach dem Weggang von Chef Paul Stradner derzeit ein halbes Jahr lang modernisiert wird und ein Nachfolger bislang noch nicht benannt wurde. Alles scheint möglich – außer dem dritten Stern.

Schlossberg (Baiersbronn): da hier ein Besuch noch immer aussteht, kann ich mich im Grunde genommen nur auf fremde Quellen berufen und deren Inhalt so interpretieren, dass dies weiterhin ein grundsolides Zwei-Sterne-Haus bleiben wird.

Horváth (Berlin): es bleibt wohl bei zwei Sternen, die das Haus seit 2016 verliehen bekommt. Man hörte jüngst nicht sehr viel über das Lokal, das mir in meiner „Sammlung“ noch fehlt.

Tim Raue (Berlin): auch dieses Mal wird der omnipräsente und PR-liebende Koch wieder zu den heißesten Anwärtern zählen (und wohl wieder leer ausgehen …). Trotz allem: ein Besuch in diesem Lokal, das wohl das weltweit beste asiatische Restaurant außerhalb Asiens ist, sollte zum Pflchtprogramm eines Gourmets gehören.

Facil (Berlin): mein letzter Besuch ist schon einige Zeit her, aber viel scheint sich seither nicht verändert zu haben. Es bleibt aller Voraussicht nach bei zwei Sternen.

Fischers Fritz (Berlin): den bisher einzigen Besuch habe ich als sehr teuer und wenig originell in Erinnerung. Der schleichende Niedergang dieses Lokals manifestiert sich in den Urteilen der anderen Profi-Guides, so dass man fast schon auf die Abwertung auf einen Stern wartet.

Lorenz Adlon Esszimmer (Berlin): auch dieses Jahr gehört das weltbekannte Haus zum engsten Favoritenkreis. Hendrik Otto feilt weiter an seinen Fähigkeiten und arbeitet ganz klar auf den dritten Stern hin. Vielleicht klappt es ja sogar …

Reinstoff (Berlin): seit dem kometenhaften Aufstieg dieses Lokals vor einigen Jahren ist es um Chefkoch Daniel Achilles wieder etwas ruhiger geworden. Es dürfte bei zwei Sternen bleiben.

Rutz (Berlin): wurde erst letztes Jahr aufgewertet und ist daher noch kein ernsthafter Kandidat. Allerdings wurde Chefkoch Marco Müller von seinen Kollegen in der Liste 50 Best Chefs Deutschland 2017 überraschend auf Platz fünf gewählt – noch vor Köchen wie Christian Bau oder Sven Elverfeld. Dieses Lokal gilt es somit definitiv im Auge zu behalten.

Sterneck (Cuxhaven): ein Besuch hier steht noch aus. Alles deutet jedoch auf eine Bestätigung der zwei Sterne hin, wenn man fremden Quellen glaubt.

Rosin (Dorsten): eher ein Kandidat für eine Abwertung, wenn man die fast schon penetrante Dauerpräsenz des Chefs Frank Rosin im TV bedenkt. Auch hier war ich indes noch nie zu Gast.

Im Schiffchen (Düsseldorf): Altmeister Jean-Claude Bourgueil sei hier zu 40 Jahren in seinem Restaurant gratuliert. Hier wird nach wie vor eine inzwischen aus der Zeit gefallene Hochküche zelebriert, die zweifellos Qualität hat, aber schon lange keine drei Sterne mehr verdient.

Lafleur (Frankfurt am Main): Andreas Krolik hat seine ganz eigene Handschrift inzwischen gefunden, was auch den Profi-Guides nicht verborgen geblieben ist. Mittelfristig ist er vielleicht ein Kandidat für die höchste Auszeichnung – der Premierenbesuch dieses Lokals steht jedenfalls ganz oben auf meiner Liste.

Tigerpalast (Frankfurt am Main): nach dem Weggang von Christoph Rainer ins Schloss Elmau hat sein ehemaliger Souschef Coskun Yordakul das Kommado übernommen. Man darf gespannt sein, ob er den zweiten Stern bestätigen kann.

Meierei Dirk Luther (Glücksburg): einer der Topfavoriten an der Grenze zu Dänemark. Dirk Luthers französisch inspirierte Küche ist modern, ansprechend und von großer Substanz. Noch immer schwärme ich von dem Menü, das ich dort genießen durfte.

Jacobs Restaurant (Hamburg): Chefkoch Thomas Martin hat seinen Stil überdacht und kocht jetzt leichter und übersichtlicher. Trotzdem bleibt es bei zwei Sternen.

Haerlin (Hamburg): Chefkoch Christoph Rüffer musste die Abwerbung seines Patissiers Christian Hümbs ins Münchner Atelier verkraften. Seine hervorragenden Chancen aus dem Vorjahr sind dadurch sicherlich nicht gestiegen.

Süllberg – Seven Seas (Hamburg): Karlheinz Hauser hat das Lokal nach leichten Schwankungen in den letzten Jahren wieder stabilisert und darf weiterhin mit zwei Sternen rechnen.

Le Moissonnier (Köln): ich bin kein Freund der lärmenden Bistro-Atmosphäre dieses Lokals, aber Eric Menchons Kochkünste reichen sicherlich wieder für zwei Sterne.

Villa Rothschild (Königstein im Taunus): der neue Mann am Herd nach dem Abgang von Christian Eckhardt ist Sebastian Prüßmann, der zuvor in der Zirbelstube Stuttgart kochte und weit von einem zweiten Stern entfernt war – insofern der vielleicht heißeste Kandidat für eine Abwertung.

Ophelia (Konstanz): heimlich, still und leise kocht sich Dirk Hoberg allmählich in die erste Liga. In zwei bis drei Jahren dürfte er ein Kandidat für den dritten Stern werden – zum jetzigen Zeitpunkt wäre er hingegen eine zünftige Überraschung.

Falco (Leipzig): kreativ, kompromisslos und aufregend wie kaum ein anderes Lokal in Deutschland. Wie immer einer der heißesten Anwärter, zumal ein erstes Lokal mit drittem Stern für Ostdeutschland eine große Bedeutung erlangen könnte.

Opus V (Mannheim): mein jüngst erfolgter Besuch bestätigte, dass die letztjährige Aufwertung auf zwei Sterne vollauf gerechtfertigt war. Nun gilt es für Tristan Brandt, weitere Reife zu entwickeln und mittelfristig den dritten Stern, der momentan außer Reichweite ist, zu erkochen.

Dallmayr (München): die edle und elegante Küche von Diethard Urbansky gehört für mich zu den am meisten unterschätzten in Deutschland. Trotz allem ist ein dritter Stern eher unwahrscheinlich.

Atelier (München): Jan Hartwig ist für mich der diesjährige Topfavorit. Seine Menüs sprühen vor Ideen, sind in ihrer Umsetzung absolut stimmig und individuell, überzeugen mit komplexen Geschmackskonstellationen und machen einen Besuch stets lohnenswert. Ich lege mich fest: bis spätestens 2020 prangt hier ein dritter Stern über dem Bayrischen Hof.

Geisels Werneckhof (München): nach der letztjährigen Aufwertung auf zwei Sterne ist Tohru Nakamura noch kein Kandidat. Dass ihm allerdings ganz klar die Zukunft gehört, bestätigte sich auch wieder bei meinem jüngsten Besuch.

Tantris (München): die jüngste Ankündigung, ab 2018 nur noch an vier Tagen die Woche zu öffnen, deutet möglicherweise darauf hin, dass am Gesamtbild (Küche, Service usw.) gefeilt werden soll. Strebt man hier vielleicht für 2019 wieder den dritten Stern an, den das Lokal in den 80er-Jahren unter Heinz Winkler genoss?

Ess.Zimmer (München): ein solides Zwei-Sterne-Restaurant in außergewöhnlicher Umgebung. Trotzdem deutet momentan nichts auf die ultimative Aufwertung hin.

Essigbrätlein (Nürnberg): hier gilt, was ich schon im letzten Jahr schrieb. Die elaborierte Gemüsekuche sucht ihresgleichen in Deutschland, aber ob sie jemals noch mehr Potential entwickeln kann, um einen dritten Stern zu erlangen, blebt fraglich.

Schanz (Piesport): Thomas Schanz gehört zu den großen Aufsteigern der letzten Jahre und sucht kontinuerlich den Weg nach oben. Bei meinem eher durchschnittlichen Besuch im Mai 2016 fehlte allerdings noch ein gutes Stück für einen dritten Stern. Das wird sich in so kurzer Zeit wohl kaum beheben lassen, weshalb es bei zwei Sternen bleibt.

Söl’ring Hof (Rantum/Sylt): das Restaurant des Luxusdomizils auf der Rantumer Düne erhielt im Feinschmecker 2018 erstmalig die Höchstnote – sehr zu Recht, wie mein bisher einziger Besuch im September 2016 bestätigte. Ein echter Geheimtipp für einen dritten Stern!

Ammolite (Rust): Peter Hagen-Wiest gehört zu den stilleren Vertretern seiner Zunft, arbeitet jedoch gewissenhaft und ambitioniert an seinen Fähigkeiten. Als das Lokal 2015 den zweiten Stern bekam, hatte es kaum jemand auf dem Zettel. Das gilt aber dieses Jahr genauso, wenn es um den dritten Stern geht.

Hirschen (Sulzburg): Douce Steiner, einzige Chefin in Deutschland mit zwei Sternen, scheint ihr Niveau konstant halten zu können. Erneute zwei Sterne wären die logische Konsequenz.

Becker’s (Trier): Wolfgang Becker ist ein grundsolider Koch mit vielen originellen Einfällen und einem Preis-Leistungs-Verhältnis, das auf diesem Niveau in Deutschland fast einmalig ist. Ein Besuch hier lohnt sich immer, auch wenn der dritte Stern mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausbleibt.

Kastell (Wernberg-Köblitz): Thomas Kellermann, ein absolut sympathischer und unprätentiöser Koch, begeisterte mich mit seinem jüngsten Menü wesentlich mehr als beim ersten Besuch. Die Entwicklung seiner Fähigkeiten schreitet voran, so dass eines Tages ein dritter Stern nicht ausgeschlossen scheint. Bekäme er ihn dieses Jahr, wäre das schon eine riesige Überraschung.

Burg Schwarzenstein (Geisenheim) ist zur Zeit nur mit einem Stern dekoriert, weil das jüngste Urteil des MICHELIN sich noch auf die Zeit unter Chefkoch Dirk Schröer bezieht. Nils Henkel hat den zweiten Stern, den er auf Schloss Lerbach genoss, definitiv sicher. Ich zähle ihn jedoch (wie aus meiner jüngsten Kritik deutlich wird) zu den heißesten Anwärtern auf den dritten Stern.

Da es praktisch seit 2013 kein neues Drei-Sterne-Restaurant in Deutschland gab (sieht man einmal von Kevin Fehling ab, der nach dem Umzug in sein neues Lokal The Table im Jahre 2016 die drei Sterne sofort wieder zurück bekam), wäre es schon mal wieder an der Zeit, zumal es nicht an potentiellen Kandidaten mangelt.

 

Die Rangliste meiner Topfavoriten lautet:

  1. Atelier (München), Jan Hartwig
  2. Burg Schwarzenstein (Geisenheim), Nils Henkel
  3. Falco (Leipzig), Peter Maria Schnurr
  4. Meierei (Glücksburg), Dirk Luther
  5. Söl’ring Hof (Rantum/Sylt), Johannes King
  6. Lorenz Adlon Esszimmer (Berlin), Hendrik Otto
  7. Tim Raue (Berlin), Tim Raue
  8. Steinheuers Restaurant (Bad Neuenahr-Ahrweiler), Hans Stefan Steinheuer
  9. Lafleur (Frankfurt am Main), Andreas Krolik
  10. Haerlin (Hamburg), Christoph Rüffer

 

Unter den Aspiranten auf einen zweiten Stern sehe ich folgende Lokale weit vorne:

 

Olivo (Stuttgart), Nico Burkhardt

Zirbelstube (Stuttgart), Denis Feix

Luce d’Oro (Elmau), Christoph Rainer

Courtier (Weissenhaus), Christian Scharrer

Königshof (München), Martin Fauster

L.A.Jordan (Deidesheim), Daniel Schimkowitsch

 

Ich bin selbst am meisten gespannt, welche meiner Prognosen eintreten werden …