Robert Schumann (1810 – 1856): Fantasie C-Dur op. 17 (Standardrepertoire)

Schumanns Fantasie gehört zu den schwergewichtigen Dauerbrennern der romantischen Klavierliteratur. Hier wagte sich der Komponist ausnahmsweise an eine große Form (die den Romantikern stets zu schaffen machte), auch wenn der Name des Werkes natürlich keinerlei Rückschlüsse auf die Form selbst zuließe. Das Werk dauert trotz nur dreier Sätze eine gute halbe Stunde und ist damit für Schumann’sche Dimensionen großformatig. Nicht wenige sehen in dieser Komposition das bezauberndste musikalische Liebesgedicht aller Zeiten, in dem Schumann seine Sorgen und sein Sehnen nach der geliebten Clara Wieck zum Ausdruck bringt. Diese Beziehung ist im Grunde genommen das zentrale Thema in Schumanns frühen Klavierwerken, doch nirgendwo anders wird Schumanns Leidenschaft so zentral und intensiv wie hier in Szene gesetzt. Speziell der langsame letzte Satz ist einer seiner vergleichsweise schlichten Harmonik der Realität regelrecht entrückt.

Zusammen mit der Kreisleriana ist dies Schumanns größtes Klavierwerk – allerdings gibt es nicht so viele Parallelen zwischen diesen beiden Meisterwerken. Die Fantasie ist leichter zugänglich, aber ein gewinnbringendes Hören ist nur mit Hingabe und Konzentration möglich.

Eine berühmte Einspielung, die auf große klangliche Transparenz setzt, ist die klassische Aufnahme von Maurizio Pollini. Hier wirkt alles sehr natürlich und trotzdem leidenschaftlich. Manche würden die schnörkellos klingende Aufnahme vielleicht als zu oberflächlich abtun, aber ihre unbestreitbaren Vorzüge hat sie auf jeden Fall: die gefürchtete Stretta am Ende des zweiten Satzes meistert Pollini mit seiner überragenden Technik fehlerfrei, und der von Pollini transzendierten Schlichtheit haftet überhaupt nichts Kitschiges oder Übertriebenes an.

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Dieses Werk war auch eine Spezialität des ukrainischen Weltklasse-Pianisten Svjatoslav Richter. Sein Darbietung ist intensiv und von unerreichter Grandezza. Dass Richter dabei die Extreme eher meidet und seine Kraft wohldosiert einsetzt, wertet seine Interpretationen sogar noch weiter auf.

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Eine zeitgemäße Lesart offeriert Jewgeni Kissin. Sein Spiel vermittelt die ganze Palette an Emotionen mit größter Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit. Sein vergleichsweise zügiges Spiel wirkt in den unruhigen Passagen sehr drängend und in den traurigen Passagen („Im Balladenton“) unglaublich karg und archaisch. Großartig!

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Die allerbeste Einspielung ist meines Erachtens diejenige von Claudio Arrau. Sie ist für Hörer, die mit dem Werk nicht vertraut sind, allerdings nicht zum Einstieg geeignet. Arrau räumt teils mit konventionellen Hörgewohnheiten und Tempovorstellungen derart kompromisslos auf, dass das Werk phasenweise wie eine Neuschöpfung erscheinen mag. Sein Spiel ist von ganz großer Tiefe und Schwere – vergleichbar mit einem schweren Bordeaux-Wein, den man auch nicht nebenher achtlos genießen würde. Ich musste die Aufnahme jedenfalls etliche Male anhören, bis mir ihre genialen Vorzüge ersichtlich wurden.

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