Frédéric Chopin (1810 – 1849): Fantasie f-moll op. 49 (Standardrepertoire)

Chopins Fantasie ist möglicherweise nicht sein vollkommenstes Werk, präsentiert aber dennoch so ziemlich alles, was seinen Stil ausmacht: polnischen Pathos, unvermittelte Stimmungsschwankungen, kunstvolle Melodien und kühne Harmonik. In der jüngeren Vergangenheit ist es für meine Begriffe nicht so häufig eingespielt worden, behauptet sich aber immer noch im Repertoire.

Krystian Zimermans Aufnahme aus den 80er-Jahren ist immer noch eine der besten Einspielungen auf dem Markt. Sie ist hochemotional und verzichtet aber gleichzeitig auf gekünstelte Effekte oder extreme interpretatorische Ansätze. Vielmehr punktet der polnische Pianist mit dem Aufbau langer Spannungsbögen, die sich oft in temperamentvollen Ausbrüchen entladen. Dabei wirkt alles immer sehr souverän und kontrolliert, ohne dass die Darbietung spannungslos oder oberflächlich wirken würde. Das unheilvolle Gären der tiefen Register zu Beginn des Werkes ist jedenfalls selten suggestiver als hier geraten.

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Absolut nennenswert ist auch die Version von Claudio Arrau, der nicht gerade als Spezialist für Chopin in die Geschichte einging. Der chilenische Pianist näherte sich Chopin meistens auf etwas ungewöhnliche Weise: er hinterfragte konventionelle Tempovorstellungen, befreite die Werke von ihrem meist zu üppig geratenen Klang und legte verborgene Strukturen, die den meisten anderen Pianisten entgehen, frei. Seine Deutung ist ergo vergleichsweise spröde und trocken, erzeugt aber durch ihre gewisse Kargheit eine unheilvoll dräuende Spannung, die einen wahrhaftig fesselt.

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