La Distillerie*, Bourglinster

„Ich glaube, dass die Vegetarier mit ihrer Vorschrift, weniger und einfacher zu essen, mehr genutzt haben als alle unsere Moralsysteme zusammengenommen.“ (Friedrich Nietzsche)

Mai 2023

Diesmal sind wir einer ganz heißen Fährte auf der Spur: irgendwo hier, in den bewaldeten, teils tief eingeschnittenen Tälern des Großherzogtums Luxemburgs nördlich der Hauptstadt soll der Miraculix des 21. Jahrhunderts leben. Kein Wissen rund um Pflanzen und Kräuter soll ihm fremd sein – angeblich versteht er die Sprache der Natur wie kaum ein Zweiter. Und dann, nach einer kurvenreichen Fahrt stehen wir unvermittelt vor der Burg in Bourglinster – hier soll er nicht nur Küchenchef, sondern auch der Hausherr der imposanten Burganlage sein, die auf einem Felssporn über dem Tal thront.

Der Name des grünen Magiers lautet René Mathieu, Inhaber des Restaurants La Distillerie, das bereits zweimal hintereinander von der Gesellschaft We’re smart, die auf Gemüse und grüne Ernährung spezialisiert ist, zum besten vegetarischen Restaurant der Welt gekürt wurde. Das weckte unsere Neugier, obwohl wir natürlich genau wissen, dass solch eine Auszeichnung bis zu einem gewissen Grad immer subjektiv bleiben muss – dennoch sind wir guter Dinge, einen außergewöhnlichen Nachmittag zu erleben, als wir hier zu dritt einkehren.

Man betritt den Hof der durchaus stattlichen Anlage und nimmt die hintere Tür links, welche geradewegs ins Lokal führt, nachdem man drinnen die kurze Treppe nach rechts genommen hat. Die Küche befindet sich links vom Eingang; der Gastraum dagegen liegt etwas tiefer gelegen als der Burghof, ist von mächtigem, weiß getünchtem Mauerwerk umgeben und mit einer massiven Holzdecke gestaltet. Das ist eine ganz und gar außergewöhnliche Location im Stile des Mittelalters in einer ländlichen Gegend, die uns unmittelbar anspricht. Schnell wird uns klar, warum dieses Lokal oft Monate im Voraus ausgebucht ist: nicht nur die Speisen dürfen als außerordentlich bezeichnet werden, sondern auch das gesamte Ambiente. Es beginnt gleich ungewöhnlich, denn schon als wir an unserem kreisrunden und blanken Holztisch Platz nehmen, ist dieser bereits mit einem Bäumchen eingedeckt, dessen Blätter uns essbar erscheinen.

Wir liegen dabei richtig, warten aber noch auf weitere Erklärungen und das Auftragen zusätzlicher Apéros, welche den Nachmittag würdig einläuten sollen. Die mit Abstand nützlichste Sprache in diesem Lokal ist übrigens Französisch, was meine Begleiter ohne meine Anwesenheit vor nahezu unlösbare Probleme gestellt hätte, aber selbst ich habe mit meinen durchschnittlichen Kenntnissen (Leistungsfach vor einem Vierteljahrhundert im Abitur …) teils erhebliche Mühe, den Ausführungen zu folgen. Ein Ausweichen ins Englische bringt dagegen die Servicekräfte oft ins Schlittern, was wir übrigens wenige Wochen später in der Suisse Romande, dem französisch-sprachigen Teil der Schweiz, erneut feststellen sollten. Jedenfalls erfahre ich, dass die falschen Blätter aus mit Muskat gewürzten Kartoffelchips bestehen, zu denen ein ausgezeichneter Süsskartoffel-Ketchup mit Noten von Karotte gereicht wird. Sehr erfreulich gerät auch der vorzügliche Drink aus Tonic Water mit Holunderaromen, der an diesem recht warmen Tag eine spritzige Abkühlung darstellt.

Als weitere Apéros präsentiert man uns eine geeiste Kugel von Kirschblüte mit Verbenefüllung, dann fermentierte Eichel von einem Knoblauchsenfblatt umwickelt, auf einer Brühe aus Epiaria-Blättern und Pflanzenblüten gebettet sowie zu guter Letzt ein mit pflanzlicher Kohle gefärbter Tapiokachip mit Apfelstiften und -sorbet. Alle diese Häppchen lassen die Meisterschaft des Chefs bereits erahnen, denn neben dem geradezu enzyklopädischen Wissen rund um selbst exotischste Vertreter des Pflanzenreichs ist es auch ein filigranes Spiel mit Aromen, dessen Balance und exakte Dosierung trotz der kompakten Größe der Apéros einiges hermacht. Selbst das zum Menü gereichte Wasser (im Preis inkludiert) wird als „wildes Wasser“ mit Noten von Brennessel, Patschuli und Eisenkraut deklariert. Ich komme kaum mit dem Schreiben nach, denn die deutsche Menüfolge muss ich erst noch herunterladen und werde zwischenzeitlich regelrecht bombardiert mit Produkten und Begriffen, die ich (selbst auf Deutsch) noch nie zuvor gehört habe – eine Erfahrung, die vermutlich die Mehrzahl der Gäste teilt, wenn sie das erste Mal hier einkehrt. Patschuli beispielsweise ist, wie ich später erfahre, ein in Südostasien beheimatetes Kraut, das in Großbritanniens Küche im 19. Jahrhundert oft zum Einsatz kam. Da als gesichert gelten darf, dass die Mehrzahl der hier verwendeten Kräuter tagesfrisch vom Chef in den Wäldern rund um die Burg gesammelt werden, frage ich mich, ob dieser in Gourmetküchen rare Vertreter tatsächlich hier wächst?! Solche Fragen und Rätsel sind indes Teil des Zaubers bei einem Besuch hier: neben geläufigen Produkten kommen durchaus Exoten zum Einsatz, deren Aromen eine bisweilen verblüffende Wirkung entfalten und ganz neue Geschmäcker erahnen lassen.

Die Königin unter den Einstimmungen ist jedoch eindeutig das Amuse und Signature Dish des Hauses: das in einem Tempurateig frittierte Blatt von Beinwell erlangt ausgeprägt jodige Aromen und erinnert von der Konsistenz und dem Geschmack her durchaus an Fisch. Drapiert auf einem Naturstein, ist es belegt mit Pilzen, fermentierten Sonnenblumenkernen und essbaren Blüten, wobei eine höchst subtile Würzung für den letzten Feinschliff sorgt. Sehr variabel im Geschmack, voller stimmiger Überraschungen und handwerklich sensationell – das ist eine Eingebung ersten Ranges, die jedweder Routine entbehrt und ein wahrhaft faszinierendes Spektrum an höchst stimmigen Aromen aufspannt. Was für ein grandioses Meisterwerk!

Nach dieser beeindruckenden und keine Sekunde langweiligen Einleitung kommen wir nun zum Menü: es besteht aus sieben gelisteten Gerichten, wobei die optische Gestaltung insofern etwas irritierend ist, da an einer Stelle zwei dieser Gerichte einander ergänzen und zeitgleich serviert werden. Das Menü hat damit praktisch nur sechs anstatt sieben Gängen und kostet € 165, was natürlich angesichts des außergewöhnlichen Erlebnisses und des betriebenen Aufwands trotz allem einen mehr als fairen Preis darstellt. Eine alkoholfreie Getränkebegleitung zu € 40 genehmige ich mir ebenfalls, da ich mir von der vor Kreativität nur so sprühenden Küche auch auf diesem Gebiet einiges erhoffe. Diese wird in der folgenden Rezension leider nicht näher beschrieben, da ich auch so schon größte Mühe hatte, möglichst viele Details zu erhaschen. Nur soviel: sie wirkte auf mich stets durchdacht sowie abwechslungsreich, hatte weit mehr als bloße Routine zu bieten und war das Geld auf jeden Fall wert.

Der erste Gang – vom Chef auf den Namen „Das Erwachen der Dame Natur“ getauft – stellt ein Sorbet von Chlorophyll in den Mittelpunkt, welches mit reichlich Knospen und Samen von nur Stunden zuvor eingesammelten Pflanzen bedeckt wird. Dabei werden die meisten Begleiter vom Chef selbst am Tisch erläutert und die Teile von den Pflanzen abgeschnitten, welche auf einem großen Präsentationswagen (der von Gang zu Gang neu bestückt wird) zu sehen sind. Dank der sorgsamen Dosierung kommen die sehr vielfältigen Aromen bestens zur Geltung, zumal ein Kräuterschaum alles stimmig verbindet. Dank der Mazeration von Allium-Pflanzenöl sind die Komponenten von ihrer etwas groben Textur her auch besser zu verzehren, wenngleich dies nichts daran ändert, dass sich dieser Teller am Rande der Überfrachtung bewegt. Ungewöhnlich ist dieser faszinierende Gang dennoch allemal.

„Vegetabile Spitze“ heißt der nächste Gang: auf einer hauchdünnen, krossen Waffel (einem Kroepoek nicht unähnlich, nur eben aus pflanzlichen Zutaten) platziert René Mathieu am Platz ein reichhaltiges Bouquet an Wildblumen aus der Umgebung, welche sowohl geschmacklich als auch von den Texturen her ein extrem breites Spektrum an reizenden Facetten abdecken. Die Waffel (deren Optik tatsächlich an Stoffe mit Spitze erinnert – daher der Name des Gangs) ist dabei lauwarm und wird auf einer kalten Fencheljus mit Saft von Anis-Kräutern gebettet. Für ein kontrastierendes, nussiges Aroma sorgen Haselnüsse, die kunstvoll eingebettet wurden. Das akribisch umgesetzte Arrangement setzt ein hohes Maß an Aufmerksamkeit beim Gast voraus, wenn dieser einen kulinarischen Gewinn daraus ziehen will. Gelingt dies jedoch, so staunt man nicht nur ob der Variabilität bei den Aromen, sondern auch bei den Temperaturen, welche das Gericht noch weniger vorhersehbar macht – ein großer Wurf.

Trotz der gelungenen beiden ersten Gänge setzt bei mir mit dem dritten Gang eine spürbare Erleichterung ob der Tatsache ein, dass nicht jeder Teller hier mit einem Hang zu überkomplexen Inszenierungen gestaltet wird. Farbenfroh bleibt es zwar, aber der Spargelgang gibt sich insgesamt doch deutlich reduzierter. Der von der Konsistenz her recht mürbe  – und doch etwas faserige – kalte Hauptdarsteller bekommt als Partner Rhabarbersauce zur Seite gestellt, auf welcher die Darbietung ruht. Umrundet wird sie von einer Beurre Blanc auf Gemüsebasis, während das recht puristische Element in der Mitte einen Feinschliff mit Waldmeistersalbe und Sauerklee verpasst bekommt. Die erdige Note des Buchweizens verarbeitet die Küche zu einer Art Erde, die an wilden Reis erinnert. Die weißen Blüten obenauf setzen dieser ungewöhnlichen Kreation, die mit einer stärker fokussierten Aromatik als die Gänge zuvor aufwartet, schließlich die Krone auf. Die frühlingshafte Frische und Säure dieses Gangs dominiert, doch die subtilen vegetabilen Elemente verhindern ein gar zu offensichtliches Abdriften in eindimensionale Aromenwelten. Schade nur um die zweitklassige Konsistenz des Spargels, denn ansonsten hätte dies ohne Weiteres ein echtes Meisterwerk darstellen können.

„Reifes Gemüse“ lautet der Name des nächsten Gangs, der gleich in Kombination mit dem darauffolgenden Menüpunkt serviert wird. Teil 1 besteht aus kandierten Karotten, Puffgetreide, Lindenblütengemüsesaft und Karotin, welches vom Chef selbst auf den Teller geträufelt wird: sowohl auf die kräftige Jus als auch zwischen das Pulver rechts. Teil 2 besteht aus gegrilltem Biscuit mit Kräutern – gewürzt ist es mit Salz, Pesto, Blättern von der Linde-Apiaceae und Senfsaat. Der Geschmack des am Tisch gegrillten Biscuit erinnert täuschend ähnlich an Aubergine und geht so mit seiner herben Aromatik und weichen Konsistenz einen spannenden Kontrast zu der deutlich erdigeren Karotte ein, die noch mit Kartoffelbiscuit veredelt wurde. Dieser Versuch einer Beschreibung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da die ausführlichen Erläuterungen des Chefs ohne fundierte Französisch-Kenntnisse (und selbst mit ihnen) kaum in ihrer Gesamtheit zu erfassen sind. Bestachen die bisherigen Gänge eher durch subtile und komplexe Aromenspiele, so wirkte dieses Duett ungleich kraftvoller und verströmte jede Menge Umami, das mich fesselte und zu dem Urteil kommen ließ, dass dies in Kombination der bisher beste Gang dieser absolut ungewöhnlichen Parade war.

Das Pré-Dessert trägt die Bezeichnung „Die Geschmäcker einer Blume“ und wird zunächst mit einer komplett entbehrlichen Trockeneisshow eingeläutet. Solchen Nummern aus dem Chemiekasten konnte ich noch nie viel abgewinnen, da sie grundsätzlich keinerlei Mehrwert zum Gericht beitragen. Hier empfand ich diese Idee jedoch als besonders verstörend, da Natürlichkeit bisher eine solch tragende Rolle spielte und nun auf einmal ein derart artifizielles Showelement Einzug hielt – das hat René Mathieus Küche wahrlich nicht nötig. Somit kann diese Idee für meine Begriffe ganz schnell wieder in die Mottenkiste gelegt werden, zumal das folgende Sorbet ohne jede Schaumschlägerei zu überzeugen vermag: bestehend aus verschiedenen frühlingshaften Zutaten verströmt es eine leichte Aura, die durch die Zugabe von passenden Gewürzen und blauen Blumen zu einer Ode an Frühlingsdüften wird. Der Rhabarber dominiert dabei im Geschmack, aber weitere sublime Effekte durch die Blüten machen daraus einen hochwertigen Beitrag, der alles andere als vorhersehbar schmeckt.

Das Dessert trägt die Bezeichnung „Das Ei“, besteht aber aus einem Trompe-L’œil-Effekt. In Wirklichkeit handelt es sich (sofern ich es richtig verstanden habe) um eine Masse aus Honig und gebrannter Schokolade, die mit Aromen von Forsythie und Bergamotte veredelt wurde. Die Schokoladensauce ist durch die Beigabe von etwas Quinoa und Tannenknospen etwas herber als erwartet (aber sehr tief und angenehm intensiv im Geschmack). Der Crunch steuert belebenden Biss zu diesem Einfall bei, der so komprimiert auftritt wie kaum etwas anderes an diesem Nachmittag. Diese fast schon monothematische Idee ohne eine Spur von Überfrachtung funktioniert meines Erachtens sogar deutlich besser als die hochkomplizierten Teller zum Beginn der Menüfolge. Die unerwartet erdige Note verleiht diesem Dessert einen eleganten Touch, der vielleicht manch anderem rustikalen Beitrag auch gut getan hätte.

Die Petits fours schließlich werden auf einem eigenen Wagen präsentiert und offerieren ein breites Angebot an Pralinen (auch als Lollipops), Törtchen und Pâtes de fruit. Meine Aufnahmefähigkeit war zu diesem Zeitpunkt erschöpft, weshalb ich keine weiteren Details mehr nennen kann, außer dass fast alle Petitessen auf meinem Teller mit einer außergewöhnlichen Würznote punkteten und gekonnt mit Überraschungen aufwarteten. Die Vielfalt auf dem Wagen war so animierend, dass ich mir ohne Weiteres gewünscht hätte, noch mehr davon verkosten zu wollen, aber der Grad an Sättigung war zu diesem Zeitpunkt so fortgeschritten, dass eine üppigere Auswahl mit keinerlei Genuss mehr verbunden gewesen wäre. So konnte ich wenigstens noch erkennen, dass auf dem Gebiet der Pâtisserie hier weit Überdurchschnittliches geleistet wird, das einen absolut würdigen Abschluss eines der ungewöhnlichsten Menüs jemals darstellte.

Selten hat mich das Verfassen einer Rezension mehr Kraft und Mühe gekostet – ich hoffe, dass das Ergebnis dieser Darbietung gerecht wird, aber einen Anspruch auf lückenlose Dokumentation erhebt diese Stellungnahme mit Sicherheit nicht. Die Sprachbarriere und das Füllhorn an ungewöhnlichen Eindrücken, das auf mich niederprasselte, stellten mich vor ungewohnte Probleme bei der Erfassung sämtlicher Details, weshalb ich unumwunden zugebe, trotz aller inzwischen erlangten Erfahrung auf diesem Gebiet während dieses Mahls mehr als nur einmal an meine Grenzen gestoßen zu sein, zumal ich zwei weitere Begleiter zu „betreuen“ hatte, deren Französisch erheblich schlechter ist als meins.

Auch wenn ich bei den Erläuterungen gerne noch deutlich mehr verstanden hätte, so bleibt festzuhalten, dass René Mathieu voller Passion, Überzeugung und Hingabe seinem Metier nachgeht. Seine Gäste erleben hier eine hochgradig individuelle und vor Phantasie sprühende Küche, die durch die Tatsache, dass sie ohne Fisch und Fleisch auskommt, nur noch abermals an Faszination dazu gewinnt. Selbst wenn es uns mal in seltenen Fällen so schien, dass manche Kleinigkeiten noch optimiert werden könnten oder das geschmackliche Endergebnis sich nicht konstant auf demselben Niveau bewegte, so bleibt dies doch Jammern auf sehr hohem Niveau. Ein alles andere als schablonenhaftes Mahl abseits der ausgetretenen Pfade erwartet den aufgeschlossen Gourmet, der sich hierher traut, mit Sicherheit: die raren Produkte, gepaart mit ungewöhnlichen Techniken und kühnen Einfällen, verheißen demjenigen, der sich auf dieses durchaus intellektuell fordernde Spiel einlässt, eine zutiefst befriedigende Erweiterung des eigenen kulinarischen Horizonts. Umgekehrt setzt dies natürlich konzentrierten Verzehr und bewusstes Erleben voraus, denn beiläufiges Essen verspricht hier keinerlei Befriedigung.

Eine Stippvisite hier soll gemäß der Philosophie des Hauses auch eine Diskussion anregen, ob es nicht höchste Zeit ist, unsere Essgewohnheiten zu ändern: Regionales, Umweltschonendes und Aufregendes derart stimmig unter einen Hut zu bringen wie es René Mathieu tut ist allerdings nur wenigen in die Wiege gelegt worden. Vorbildcharakter hat sein Lokal allemal, denn es zeigt durchaus Wege auf, wie die Ernährung der Zukunft aussehen könnte, ohne dabei ernsthafte Abstriche in Kauf nehmen zu müssen. Trotz des hohen Maßes an Kunstfertigkeit bleiben seine Teller meist fassbar und inspirieren vielleicht auch potentielle Nachahmer, denselben Weg zu gehen wie man es hier in der Abgeschiedenheit der luxemburgischen Wälder schon lange tut. Für mich steht jedenfalls außer Frage, dass diese wahrlich einzigartige Performance locker zwei Michelin-Sterne verdient hätte – was auch die 18 Punkte des Gault&Millau nahelegen.

Dadurch, dass René Mathieu so nah an den Gästen agiert und ständig im Speisesaal präsent ist, gewinnen seine Teller nochmals um ein gutes Stück an Authentizität. Es verhält sich durchaus nicht so, dass er dem Service die Aufgabe der Ankündigung und Erläuterung der Speisen nicht zutrauen würde, aber die Veredelung mit den frischen Kräutern und Gewürzen direkt vor den Augen des Gastes entpuppt sich dabei schon als etwas ganz Besonderes. Mit profunden Kenntnissen der französischen Sprache wird eine Einkehr hier sicherlich noch bedeutend spannender, aber auch so ist das Potential der Küche und das Talent des Chefs offensichtlich. Der Service macht (zumindest wenn er auf Französisch agieren darf) einen ausgezeichneten Job, und auch die Nebenkosten bewegen sich auf einem völlig normalen Level. Wenn Sie das mühevolle Warten auf sich nehmen wollen, dann sollte einer Reservierung nicht viel mehr im Wege stehen.

René Mathieu muss in der Abgeschiedenheit der luxemburgischen Wälder niemandem mehr etwas beweisen und zieht unbeirrt sein Ding durch – all diejenigen, die ihm nachfolgen, werden reich belohnt. All diejenigen, die es nicht tun, dürfen weiterhin nach Miraculix suchen …

Mein Gesamturteil: 18 von 20 Punkten

 

La Distillerie
8 Rue du Château
6162 Bourglinster (Luxemburg)
Tel.: 00352-7878-781
www.bourglinster.lu

Guide Michelin 2023: *
Gault&Millau 2023: 18 Punkte

7-gängiges Menü: € 165